Rundbrief vom 8. Juli 2015

Protest vor dem Kanzleramt (Foto: ideengruen)

1. Konzerne sollen Stilllegungsprämie erhalten statt Klimabeitrag zu zahlen
2. Anfang August Klimacamp und „Tour de Natur“ in der Lausitz
3. Gabriels Ansage an die Energiewirtschaft
4. Braunkohletagebau nicht mit europäischen Wasser-Zielen vereinbar
5. IGBCE setzte Presse im Rheinland unter Druck
6. Im Absenkungstrichter des Tagebaues Jänschwalde: Der Pastlingsee droht auszutrocknen
7. Vorankündigung: Kohle-Konferenz in Weißwasser am 29. August

 

 1. Konzerne sollen Stilllegungsprämie erhalten statt Klimabeitrag zu zahlen

Am 1. Juli begrub ein Koalitionsgipfel im Kanzleramt das sinnvolle Konzept eines Klimabeitrags für alte Kohlekraftwerke. Stattdessen sollen bundesweit 2.700 Megawatt Braunkohlekraftwerke für vier Jahre als „Kapazitätsreserve“ entschädigt und anschließend stillgelegt werden, die konkreten Festlegungen dazu wurden aber auf Herbst verschoben.
Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung hat die voran-gegangene Debatte in einem treffenden Gastbeitrag in der Wirtschaftswoche zusammengefasst: http://green.wiwo.de/reserve-kraftwerke-vergoldeter-ruhestand-fuer-kohlemeiler/
kohlerundbrief 2015 07 08 bildUm gegen den darin scharf verurteilten energiepolitischen Irrsinn zu protestieren wurden an diesem Abend symbolisch 300.000 Unterschriften übergeben. Etwa 500 Demonstranten umzingelten das Kanzleramt mit einer Menschenkette (Foto: ideengrün). Darunter waren auch die aus der Lausitz angereisten Tagebaubetroffenen, beispielsweise aus Deulowitz, Kerkwitz oder Forst. Hier einige Fotos auf der Seite der Klima-Allianz: http://www.die-klima-allianz.de/menschenkette-vor-dem-kanzleramt/

Dem von den Koalitionsspitzen beschlossenen Papier ist derweil weder zu entnehmen, welche Kraftwerksblöcke in die Reserve gehen, noch ab welchem Jahr das wirklich passieren soll und erst recht nicht, wieviel Entschädigungszahlungen an die Betreiber den Steuerzahlern und Stromkunden aufgebürdet werden. „Das vollständige Maßnahmenpaket und den Überprüfungsauftrag für das Jahr 2018 werden wir im Herbst 2015 im Bundeskabinett beschließen.“ heißt es nur und das klingt wie eine Einladung an die Konzerne zum fröhlichen Feilschen. Im Vorfeld hatte eine Liste von Kraftwerksblöcken kursiert, derzufolge jedes deutsche Braunkohlenrevier an der Kapazitätsreserve beteiligt sein soll, die Lausitz mit zwei Blöcken im Kraftwerk Jänschwalde. Gezahlt werden sollten angeblich jedes Jahr 300 Euro pro Kilowatt installierter Leistung. Das macht allein für Jänschwalde 280 Millionen im Jahr. Geld, mit dem man angeblich drohende „Strukturbrüche“ verhindern will. Aber wird es nachhaltige Strukturen schaffen können, wird es überhaupt in der Region bleiben? Fest steht, es wird jeder demokratischen Kontrolle entzogen sein, sobald es an den Kraftwerksbetreiber ausgezahlt ist.
Bild: Vor dem Kanzleramt war auch ein Transparent gegen die Zerstörung des sorbischen Siedlungsgebietes durch Tagebaue zu sehen. 

2. Anfang August Klimacamp und „Tour de Natur“ in der Lausitz

Anfang August wird zum fünften Mal ein Lausitzer Klima- und Energiecamp stattfinden. Vom 5. bis 9. August treffen sich in Groß Gastrose bei Guben Klimaschützer*innen aus der Lausitz, Berlin, Polen und dem ganzen Bundesgebiet. Der Höhepunkt des Camps wird ein Aktionstag am Samstag, dem 8. August, sein. Das Camp ist außerdem das diesjährige Ziel der umweltpolitischen Fahrradtour „Tour de Natur“, die am 25. Juli in Braunschweig aufbrechen wird.
www.lausitzcamp.info
www.tourdenatur.net

3. Gabriels Ansage an die Energiewirtschaft

Am 24. Juni hielt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel eine in Fachkreisen viel beachtete Rede auf dem Kongress des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BdEW). Vor allem hinsichtlich der Kohleverstromung kann man die folgende Passage der Rede als deutliche Ansage verstehen, dass es nicht weiter gehen wird wie bisher. Gabriel wies darauf hin, dassgeschafft haben u „wir aufpassen müssen, dass wir nicht 2025, fünf Jahre vor dem 2030er Ziel, in der gleichen Lage sind wie 2015 fünf Jahre vor dem Erreichen des 2020er Ziels. Angesichts der Debatte über 22 Millionen Tonnen würde ich Ihnen gerne mal die Zahlen nennen, die uns bevorstehen in den nächsten zehn Jahren zwischen 2020 und 2030. Und zwar nicht Zahlen, die ich erfunden habe, sondern Zahlen, die 2010 von der alten Bundesregierung unter Zustimmung Ihres Verbandes beschlossen worden sind. Jetzt also noch 22 Millionen Tonnen bis 2020, bis 2030 sollen weitere 200 Mio. t CO2, also rund das zehnfache eingespart werden und bis 2040 rund 400 Millionen Tonnen. Und der Löwenanteil dieser CO2-Reduzierungen, den soll der Stromsektor erbringen. (...) Ich fände es ganz gut, wenn wir (...) jetzt, wenn wir diesen Teil geschafft haben,uns mit der Frage befassen, wie wir eigentlich gemeinschaftlich diese Ziele erreichen wollen und was wir mit den Regionen tun, die davon negativ betroffen sind.“

4. Braunkohletagebau nicht mit europäischen Wasser-Zielen vereinbar

In diesem Jahr werden europaweit die Bewirtschaftungspläne und Maßnahmeprogramme zum Schutz der Gewässer überarbeitet. In einer Ende Juni eingereichten Stellungnahme zum Elbe-Einzugsgebiet machen die Naturschutzverbände in Berlin, Brandenburg und Sachsen deutlich, dass keine zusätzlichen Braunkohle-Abbaugebiete genehmigt werden dürfen, wenn die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie ernst genommen werden. Die folgenden Thesen werden in dem 25seitigen Papier ausführlich begründet:

1. Der Weiterbetrieb und die Neugenehmigung von Braunkohletagebauen verhindern die Zielerreichung der Wasserrahmenrichtlinie.

2. Der Flußgebietsgemeinschaft Elbe liegt eine mangelhafte Informationsgrundlage zu den braunkohlebergbaubedingten Auswirkungen vor.

3. Die Ziele der WRRL werden in Genehmigungsverfahren zu neuen Tagebauen und in begleitenden Regelungen beim aktiven Tagebau aufgeweicht.

4. Mögliche weitere Gefährdungen, die aus dem Braunkohlebergbaugeschehen resultieren, werden unzureichend dargestellt.

5. Die ergriffenen Maßnahmen zur Verringerung der nachteiligen Auswirkungen von Braunkohleabbau und -verstromung sind unzureichend.

6. Die Verhältnismäßigkeit der Braunkohleverstromung im Kontext ökologischer und sozioökonomischer Erfordernisse ist nicht gegeben.

Zum Entwurf des Bewirtschaftungsplans und des Maßnahmenprogramms für den deutschen Teil des Flussgebiets der Elbe für den Zeitraum 2016 bis 2021 wurde in den vergangenen sechs Monaten die Öffentlichkeit beteiligt. Die unter Federführung der Bundeskontaktstellen Wasser und Braunkohle der GRÜNEN LIGA erarbeitete Stellungnahme zur Braunkohle wurde gemeinsam mit den anderen Berliner und Brandenburger Naturschutzverbänden sowie dem BUND Sachsen eingereicht. Die Umweltverbände haben auch zu anderen Aspekten umfangreich Stellung genommen.
Alle Stellungnahmen hier:
http://www.wrrl-info.de/site.php4?navione=partizipation&navitwo=beteiligung2_0&content=beteiligung2_0#stln

5. IGBCE setzte Presse im Rheinland unter Druck

Wie die taz vom 30. Juni berichtet, hat die Bergbaugewerkschaft IGBCE Druck auf den „Kölner Stadtanzeiger“ ausgeübt, um kohlekritische Berichterstattung zu verhindern: http://taz.de/Kohle-Lobby-und-Presse/!5207499/

6. Im Absenkungstrichter des Tagebaues Jänschwalde: Der Pastlingsee droht auszutrocknen

Mit dem Pastligsee bei Grabko ist eines der wertvollsten Moore des Landes Brandenburg akut von der Austrocknung bedroht. In den vergangenen Tagen kam es zu Massensterben an Fischen und rapide weiter sinkendem Wasserstand. Die bündnisgrüne Landtagsfraktion hat nun Anwohner, Anglerverband, Vattenfall, Gemeinde Schenkendöbern und Umweltministerium für den 27. Juli zu einer Vor-Ort-Begehung eingeladen. Treffpunkt ist um 12 Uhr an der Gaststätte "Zum Apfelbaum" in Grabko. Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky: „Die derzeitig hohen Temperaturen sowie geringe Niederschläge haben die Situation am Pastlingsee verschärft; sehr wahrscheinlich ist jedoch, dass die für den Tagebau notwendige massive Absenkung des Grundwassers in der Region das Seesterben mitverursacht hat“. Der Pastling liegt außerhalb des Abbaugebietes aber innerhalb des Grundwasserabsenkungstrichters des wenige Kilometer entfernten Tagebaues Jänschwalde. Im geltenden Braunkohlenplan heißt es „Um diese wertvollen Landschaftsbestandteile in ihrer spezifischen Ausstattung zu erhalten, sind nachteilige Auswirkungen der Grundwasserabsenkung mit wirkungsvollen Gegenmaßnahmen aufzufangen.“ Vattenfall bestreitet aber einen Einfluss des Tagebaues und erfindet immer neue Begründungen für die seit Jahren zunehmenden Wasserprobleme des Gebietes.
Der Tagebau Jänschwalde weist in Richtung Osten eine unterirdische Dichtwand auf, nicht jedoch nach Norden (z.B. Pastling) und Westen (z.B. Jänschwalde-Dorf). Die GRÜNE LIGA hat schon im Jahr 2010 in einem Hintergrundpapier nachgewiesen, dass der Verzicht auf eine Abdichtung nach Norden auf manipulierten Begründungen beruhte:
http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/dichtwand_fak.pdf

7. Vorankündigung: Kohle-Konferenz in Weißwasser am 29. August

Der BUND Landesverband Sachsen führt am 29. August in Weißwasser eine Konferenz zur Zukunft der Braunkohlenutzung durch. Programm und Wegbeschreibung hier:
http://www.bund-sachsen.de/braunkohlekonferenz

 

 

 

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