Rundbrief vom 23. April 2019

1. Editorial: Braunkohle gefährdet Ostern

2. Müllkraftwerk der LEAG könnte Kraftwerk Jänschwalde 2024 ersetzen

3. Woidke eröffnet Potemkinschen See

4. Welzower Stadtverordnete für Löschflugzeugstaffel

5. Zweimal Tagebauproteste an diesem Sonntag

6. Klimareporter: Woidkes Kampf um Jänschwalde

7. Weiter wenig Geld auf den Lausitzer Braunkohlekonten

8. Zwei Schwimmende Häuser auf Tagebausee gesperrt

160314 westlich kraftwerk jaenschwalde klein

1. Editorial: Braunkohle gefährdet Ostern

So eine Überschrift hätten wir noch vor wenigen Jahren als zu reißerisch abgelehnt. Doch nun hat der Klimawandel für jeden erlebbar Mitteleuropa im Griff. Auf das Dürrejahr 2018 folgt das Dürrefrühjahr 2019, weil die Tiefdruckgebiete mit dem über dem Atlantik aufgenommenen Wasser immer öfter in einem riesigen Bogen an uns vorbei ziehen. Jetzt geht es selbst den Osterbräuchen an den Kragen: Etwa ein Drittel der angemeldeten traditionellen Osterfeuer in der Niederlausitz wurden von den Ordnungsämtern wegen der Trockenheit abgesagt. Von den anderen gerieten einige außer Kontrolle und haben die „Feuerwehren und Rettungsdienste so extrem gefordert wie lange nicht“ (Lausitzer Rundschau). Während die Osterfeuer „nur“ ein Symbol sind, sind die Sorgen der Landwirte, Förster und Naturschützer existenzieller. Gerhard Gundermanns Rat an Mutter Erde „Das Abendland braucht auf die Fresse“ scheint dreißig Jahre nach Veröffentlichung (im Lied „Halte durch“) Wahrheit geworden zu sein. Die in diesen dreißig Jahren geförderte und verbrannte Braunkohle hat dazu nach fast einhelliger Meinung der Wissenschaft viel beigetragen. Höchste Zeit entschlossen zu bewahren, was noch zu retten ist. Die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen heißen Boden, Wasser und Luft. Nicht Braunkohle.

2. Müllkraftwerk der LEAG könnte Kraftwerk Jänschwalde 2024 ersetzen

Der Kohlekonzern LEAG will sein Geschäft mit Müllverbrennung und Fernwärme offenbar schnellstmöglich von der Verstromung von Braunkohle unabhängig machen. Er scheint sich damit auf ein deutlich früheres Ende des Kraftwerkes Jänschwalde vorzubereiten als bisher behauptet.

Am 2. April gab die LEAG bekannt, am Kraftwerksstandort Jänschwalde eine „Energie- und Verwertungsanlage“ bauen zu wollen, die 2024 in Betrieb gehen soll. Hier soll durch Müllverbrennung Strom, Prozessdampf und Fernwärme gewonnen werden. Wie aus der bei den Behörden eingereichten Anlagenbeschreibung hervorgeht, entsprechen sowohl die geplante Müllmenge als auch die Fernwärmemenge ungefähr den bisherigen Werten des Kraftwerkes Jänschwalde.

Ein gleichzeitiger Betrieb beider Anlagen ist unwahrscheinlich, weil der Absatz an Fernwärme nach Cottbus und Peitz sich nicht verdoppeln wird. Die neue Anlage soll also offensichtlich das Geschäft mit Müll und Fernwärme in die Zeit nach der Braunkohle hinüber retten. Die für 2024 angestrebte Inbetriebnahme passt dabei nicht zu einem Betrieb des Alt-Kraftwerkes bis etwa 2030, wie ihn die LEAG bisher propagiert hat. Der Konzern scheint also mit einem deutlich früheren Ende der alten Kraftwerksblöcke zu rechnen. Nach Sichtung der Scoping-Unterlagen haben wir auf unserer Webseite einige konkrete Hintergründe zum LEAG – Müllkraftwerk zusammengestellt. (Pressemitteilung, 10. April 2019)

3. Woidke eröffnet Potemkinschen See

190412 lacoma gundermannbanner(Pressemitteilung vom 12.04.2019) Die GRÜNE LIGA kritisiert den Flutungsbeginn des Braunkohletagebaues Cottbus-Nord zum „Cottbuser Ostsee“ als politische Inszenierung im Wahlkampf des brandenburgischen Ministerpräsidenten. Die Rechtmäßigkeit des 2015 geschlossenen Tagebaues ist zudem von den Gerichten bis heute nicht geklärt worden.

„Woidke eröffnet einen Potemkinschen See: In einem regenarmen Frühjahr die Flutung eines zusätzlichen Tagebausees zu starten, ist völlig unverständlich und allenfalls mit Wahlkampf erklärbar.“ sagt René Schuster von der GRÜNEN LIGA. Selbst ohne Klimawandel reicht das Wasser der Spree im Sommerhalbjahr in der Regel nicht für die Flutung von Tagebauseen.

Während heute die Flutung beginnt, ist noch immer nicht über die Rechtmäßigkeit des 2015 geschlossenen Tagebaues entschieden. Zur Durchsetzung des Abbaugebietes, das ab heute zum Seegrund werden soll, war ein Waldstück enteignet worden. Die Klage dagegen ist seit 2012 beim Verwaltungsgericht Cottbus anhängig, wurde aber noch nicht einmal in erster Instanz entschieden. (Aktenzeichen 3 K 1022/12)

Die GRÜNE LIGA kritisiert zudem das Verhalten des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe: „Den Planfeststellungsbeschluss zur Schaffung des Sees bis zum Tag der Flutung nicht zu veröffentlichen, dürfte ein einmaliger Vorgang sein. Das dient ganz offensichtlich dazu, dass keine kritischen Kommentare zu Inhalten des Beschlusses die Show des Ministerpräsidenten stören. Dass die zuständige Behörde sich derart zum Handlanger einer politisch motivierten Inszenierung macht, ist höchst bedenklich.“ sagt René Schuster.

Aktueller Nachtrag zur Pressemitteilung: Seit Flutungsbeginn sinkt der Pegel der Talsperre Spremberg täglich um 1 bis 3 Zentimeter, wie die vom Landesamt für Umwelt veröffentlichten Wasserstände zeigen. Offenbar werden die Reserven für den Sommer zugunsten des LEAG-Sees reduziert.

Foto: Banner am letzten verblieben Privatgrundstück des Dorfes Lacoma, in direkter Nachbarschaft zum Einlaufbauwerk und des feierlichen Flutungsbeginns. Der Tagebau Cottbus-Nord zerstörte die Dörfer Tranitz, Klein Lieskow, Groß Lieskow und Lacoma. Hier zur Zusammenfassung der Kritik am Ostsee“ und einem Rückblick auf die durch den Tagebau Cottbus-Nord verursachten Schäden.

4. Welzower Stadtverordnete für Löschflugzeugstaffel

Wie die Lausitzer Rundsachau in ihrer Spremberger Lokalausgabe vom 23. April berichtet, hat sich die Welzower Stadtverordnetenversammlung hinter die Pläne zur Ansiedlung einer Löschflugzeugstaffel am Welzower Flugplatz gestellt. Das Projekt war im Vorjahr von Hannelore Wodtke als Mitglied der von der Bundesregierung berufenen Kohlekommission öffentlich ins Gespräch gebracht worden. Eine solche Nachnutzung des Flugplatzes schließt sich mit dem Aufschluss des Tagebaues Welzow-Süd II aus. Dieser würde den Flugplatz stattdessen komplett abbaggern. LEAG und Potsdamer Landesregierung wollen auf das Tagebauprojekt bislang jedoch nicht verzichten, sondern die betroffenen Menschen offensichtlich als Geiseln benutzen, solange mit der Bundesregierung über Entschädigungszahlungen an den Konzern verhandelt wird.

5. Zweimal Tagebauproteste an diesem Sonntag

Während am 28. April um 13:30 Uhr am Bahnhof in Schleife wieder ein Spaziergang gegen die Folgen des Tagebaues Nochten startet, rufen gleichzeitig Aktivist*innen aus Polen, Tschechien und Deutschland zu 14 Uhr im Dreiländereck südöstlich von Zittau zum Protest gegen den geplanten Ausbau des polnischen Braunkohletagebaus Turów auf. Dort soll eine Menschenkette symbolisch alle drei Staaten verbinden. (Zum Facebook-Event)

6. Klimareporter: Woidkes Kampf um Jänschwalde

Bereits am 31. März erschien bei den klimareportern ein lesenswerter Beitrag zum Verhältnis des brandenburgischen Ministerpräsidenten zum Braunkohlekraftwerk Jänschwalde

7. Weiter wenig Geld auf den Lausitzer Braunkohlekonten

Als Vattenfall im Jahr 2016 seine Braunkohlegesellschaften abgab, kündigte der schwedische Konzern eine umfangreiche Finanzausstattung für sie an. Doch in den Jahresabschlüssen der Bergbau- und Kraftwerksgesellschaften ist bisher davon relativ wenig zu finden. Das stellt Energiejournalist Stefan Schroeter in einer neuen Recherche fest.

8. Zwei Schwimmende Häuser auf Tagebausee gesperrt

Wie die Lausitzer Rundschau erst am 16. April 2019 berichtete, haben sich zwei der als Prestigeobjekte für die Bergbaufolgelandschaft errichteten „Schwimmenden Häuser“ während eines Sturmes im Oktober 2017 losgerissen und ihre Mieter in Todesangst gestürzt. Sie wurden daraufhin sofort amtlich gesperrt, seitdem gebe es juristischen Streit um die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

 

Der Rundbrief als pdf