Das Lausitzer Wahlergebnis aus Kohle-Sicht

Fangen wir mal nicht bei Europa an: Auch der Ortsbeirat des vom Tagebau bedrohten Proschim wurde neu gewählt. Die Zeichen stehen klar auf weiteren Widerstand gegen den Tagebau: Anders als 2014 trat erst gar keine Wählerliste mehr an, die sich für die Umsiedlung einsetzt.

Bei der Europawahl kam der Erfolg der AfD in der Lausitz nach den Bundestagsergebnissen von 2017 eigentlich nicht überraschend. Mehr als 30% bei der Europawahl erreichte die AfD in einem geschlossenen Gebiet, das weit über das Kohlerevier hinausgeht und die Landkreise Görlitz, Bautzen, Meißen, Sächsische Schweiz/Osterzgebirge und Spree-Neiße umfasst, stärkste Kraft wurde sie in acht brandenburgischen Landkreisen und zwei kreisfreien Städten. Den Kohleausstieg für dieses Ergebnis verantwortlich machen zu wollen, wäre da eindeutig zu tief in der Kiste der Lobby-Erzählungen gekramt. Zudem gab es erneut die höchsten AfD-Ergebnisse in Orten, die seit Jahrzehnten unter der Randlage am Tagebau leiden wie Grötsch und Heinersbrück am Tagebau Jänschwalde. Sich abgehängt zu fühlen hat viele Gesichter, die Grubenkante ist eins davon.

Die AfD hat zwar durchaus in den letzten Monaten verstärkt versucht, mit Klimaskepsis und Energiepolitik zu punkten. Aber wo ihr das gelungen sein sollte, fährt sie nur die Ernte dessen ein, was die sächsischen und brandenburgischen Landesregierungen über mehr als zehn Jahre gesäht haben, als sie mit der geballten Macht ihrer Regierungs-PR die Unverzichtbarkeit der Braunkohle in jedes Lausitzer Hirn zu hämmern versuchten. Dass der Durchschnitts-Lausitzer die Abhängigkeit der Region von der Kohle um Größenordnungen überschätzt, dafür haben die Braunkohle-Populisten Platzeck, Woidke, Tillich und Kretschmer selbst gesorgt. Nach dem Bericht der Kohlekommission am 26. Januar schlagartig von der Botschaft „ohne Kohle wird die Lausitz untergehen“ auf eine Art „Wir schaffen das“ umzuschalten, kam definitiv zu spät und ist eben auch nur mäßig glaubwürdig.

Die bundesweit größten Gewinner der Wahl, Bündnis90/Die Grünen, legten auch in der Lausitz zu, hier allerdings auf niedrigerem Niveau. Im gesamten Spree-Neiße-Kreis stieg ihr Stimmenanteil auf 6,35 %, in Cottbus und Guben lag er bei rund 10 %, in der Gemeinde Schenkendöbern bei 11,25%.

Bei der Kommunalwahl fielen die AfD-Ergebnisse durchweg geringer aus, hier gab es mit verschiedensten Bürgerlisten zahlreiche weitere Alternativen zu den „etablierten Parteien“. Die 2007 als tagebaukritischen Bürgerinitative gegründete Klinger Runde zog zum dritten Mal in Folge in den Kreistag Spree-Neiße ein, obwohl kaum Wahlkampfaktivitäten zu beobachten waren. Die Grünen gewannen einen zweiten Sitz hinzu. Mit Monika Schulz-Höpfner (CDU) und Steffen Krautz (SPD) sitzen weitere langjährige Kritiker neuer Tagebaue erneut im Kreistag.

Auch in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung gewinnen die Grünen einen Sitz hinzu, erneut ziehen über zwei verschiedene Listen auch zwei Mitglieder der Umweltgruppe Cottbus ins Stadtparlament ein.