Rundbrief vom 24. Mai 2011

1. Tagung zu Braunkohle am 28. Mai in Guben

2. Kirchentag: unser Stand im Zentrum "Umwelt und Globalisierung"

3. Stadt Guben positioniert sich zu Energiepolitik

4. MdB Wolfgang Nešković besucht Proschim

5. Bericht von der letzten Sitzung des Braunkohlenausschusses

6. Presseartikel:

- Braunkohle-Papier irritiert Koalition - Potsdamer Neueste Nachrichten - 19.05.2011

- Porträt Lars G. Nordström VATTENFALL-Aufsichtsratschef - Der Tagesspiegel, 20.05.2011

Sehr geehrte Interessenten,

In diesen Tagen ballen sich die energiepolitischen Termine nicht nur in Berlin, sondern auch in der Lausitz. Da fällt es nicht schwer, ausreichend Material für einen neuen Kohle-Rundbrief zu finden:

1. Tagung zu Braunkohle am 28. Mai in Guben

Der Umweltverband GRÜNE LIGA und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg laden Bürger und Entscheidungsträger für Sonnabend, den 28. Mai nach Guben zur Tagung "Probleme des Braunkohlenbergbaus in Brandenburg" ein.

Der Einstiegsvortrag stellt die Sicht der betroffenen Gemeinde Schenkendöbern auf das Planverfahren zum Tagebau Jänschwalde-Nord dar, der die Ortsteile Grabko, Kerkwitz und Atterwasch bedroht. Zum Spannungsfeld zwischen Klimaschutz und Energiewirtschaft in Brandenburg ist es gelungen, Carsten Linke vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz als Referenten zu gewinnen. Erfahrungen mit Feinstaubbelastung aus Tagebauen im Rheinland stellt Wolfgang Schaefer aus Niederzier dar. Energieexperte Jeffrey Michel aus Hamburg sieht die globale Rolle der CCS-Technologie ausgesprochen skeptisch. Michel wurde inzwischen auch für die Anhörung zum geplanten CCS-Gesetz vom Deutschen Bundestag eingeladen. Das vollständige Programm der Tagung finden Sie im Internet unter

http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/tagung2011_programm.pdf

Die Tagung beginnt um 10:00 Uhr in den Räumen des Fabrik e.V. in Bahnhofsnähe. Im April 2010 hatten die Veranstalter mit einer ersten derartigen Tagung große Resonanz in der Region gefunden, weshalb der Diskussionsprozess nun fortgesetzt werden soll.

2. Kirchentag: unser Stand im Zentrum "Umwelt und Globalisierung"

Der Widerstand gegen neue Braunkohlentagebaue in der Lausitz wird vom 2.-4.Juni auf dem Kirchentag in Dresden vertreten sein. Der Gemeinschaftsstand mit der GRÜNEN LIGA wird sich im Zentrum "Umwelt und Globalisierung" im Hörsaalzentrum der TU Dresden in der Bergstr. 64 befinden und mindestens 11 bis 18 Uhr besetzt sein. Obgleich räumlich am Rande des Kirchentages gelegen, stehen wir im Zentrum der umwelt- und energiepolitischen Debatte: Norbert Röttgen, Fank-Walter Steinmeier und andere Politiker werden das Zentrum für einzelne Veranstaltungen und Diskussionsrunden besuchen. Das Veranstaltungsprogramm des Zentrums liegt als pdf bei. An unserem Stand werden zeitweise Pfarrer Mathias Berndt aus Atterwasch und der Kerkwitzer Ortsbürgermeister Roland Lehmann zu Gast sein, um als Betroffene die Fragen der Kirchentagsbesucher zu beantworten.

3. Stadt Guben positioniert sich zu Energiepolitik

In einer Sondersitzung der Gubener Stadtverordnetenversammlung am 18. Mai wurden drei Beschlüsse gefaßt, die sich kritisch mit der Tagebauplanung in der Region beschäftigen. Das klare Abstimmungergebnis macht deutlich, dass die Stadtverordneten an der Seite der betroffenen Bürger gegen die Planungen von Vattenfall und Landesregierung auftreten.

Durch Annahme der Vorlage SVV 065/2011/1 schloß sich die Stadt den zuvor bereits von der Nachbargemeinde Schenkendöbern und der GRÜNEN LIGA vorgebrachten Forderungen an, welche Untersuchungen zur Fortschreibung der Energiestrategie des Landes notwendig sind. Die Verwaltung wurde beauftragt, dies gegenüber den zuständigen staatlichen Stellen deutlich zu machen. In einem zweiten Beschluß (SVV 066/2011/1) fordert die Stadt grenzüberschreitende Öffentlichkeitsbeteiligung bei Tagebauplanungen auf polnischem Gebiet. Der dritte Beschluß (SVV 064/2011/1) betraf die Stellungnahme der Stadt zum Untersuchungsumfang (Scoping) im Braunkohlenplanverfahren Jänschwalde-Nord. Die bisher von der Landesplanungsbehörde vorgeschlagenen Prüfungen reichen bei weitem nicht aus, so daß zahlreiche Nachforderungen aufgestellt wurden.

4. MdB Wolfgang Nešković besucht Proschim

Die Tour des Bundestagsabgeordneten Wolfgang Nešković (Fraktion DIE LINKE) durch seinen Wahlkreis steht diesmal besonders im Zeichen der Kohlepolitik. Nach der Teilnahme an der Tagung in Guben am Sonnabend wird der im Kohlerevier direkt gewählte Abgeordnete am Montag (30. Mai) sowohl die deutsch-polnische Mediathek im Kreishaus in Forst als auch das bedrohte Dorf Proschim besuchen.

5. Bericht von der letzten Sitzung des Braunkohlenausschusses

Am 14. April vertagte der Braunkohlenausschuss nach unerwartetem Widerstand die Diskussion zum Tagebau Welzow II auf eine Sondersitzung. Zur Sitzung ist jetzt ein dreiseitiger Bericht der UGC verfügbar. Es ist bereits angekündigt, dass zur Sondersitzung am 31. Mai noch kein offizielles Protokoll der Geschäftsstelle vorliegen wird. Aus diesem Grund können sich Interessierte unter folgendem Link ein Bild machen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Neutralität. Informationen sind auch zum Sanierungsbergbau und zum Planverfahren Tagebau Nochten enthalten.

http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/2011-04-14_bka-bericht.pdf (pdf, 3 Seiten, 18 kB)

6. Presseartikel:

http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/430433/

Braunkohle-Papier irritiert Koalition - Potsdamer Neueste Nachrichten - 19.05.2011

Ex-Minister Dellmann (SPD) nennt Position der Staatskanzlei einen "energie- und klimapolitischen Rückschritt"

Potsdam - Dass Brandenburgs Landesregierung nun gemeinsam mit Sachsen und Sachsen-Anhalt beim Bundeskanzleramt für die klimaschädliche Verstromung von Braunkohle wirbt, sorgt selbst in der rot-roten Koalition für Aufsehen. Reinhold Dellmann (SPD), Ex-Infrastrukturminister und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag, sagte zum Positionspapier aus der Potsdamer Staatskanzlei von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD): "Das ist energie- und klimapolitisch ein Rückschritt." Das vier Seiten umfassende Papier sei "wenig zukunftsorientiert". Der Lausitzer Bundestagsabgeordnete Wolfgang Nešković (Linke) sagte: "Herr Platzeck verkennt die Ausgangslage. Braunkohle hat keine Zukunft." Das Positionspapier, in dem die Nutzung des heimischen Energieträgers als "Gebot der Stunde" bezeichnet wird, sei der verzweifelte Versuch, in einer veränderten Situation der Braunkohle doch noch eine Zukunft zu bereiten", sagte Nešković.

Tatsächlich spielte die Braunkohle im Energiekonzept der Bundesregierung vom vergangenen Jahr keine Rolle. Im Zuge der Debatte um Atomausstieg und Energiewende ist das Konzept aber wieder hinfällig. Nun versuchen die drei Länder, die Braunkohle als sicheren und preiswerten Energieträger in Stellung zu bringen, der den Umstieg auf erneuerbare Energien absichern könne. Nicht nur Nešković sieht die Linke als Platzecks Koalitionspartner brüskiert. Aus der SPD-Landtagsfraktion hieß es, damit sei der Koalitionsvertrag in Sachen Braunkohle-Ausstieg infrage gestellt. Die Linke hatte vor der Landtagswahl die Volksinitiative gegen neue Tagebaue unterstützt und auf ein Ausstiegsszenario gedrängt. Im Koalitionsvertrag ist deshalb von einer Brückentechnologie die Rede. Auch in der Linke-Landtagsfraktion sorgte das Papier aus der Staatskanzlei für Unruhe. Peer Jürgens, der zu den Kritikern der Braunkohle-Verstromung und unterirdischen Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) mittels CCS-Techologie zählt, zeigte sich "überrascht" vom Vorstoß aus der Staatskanzlei, der "überhaupt nicht zur energiepolitischen Sitution der Landesregierung passt". Jürgens erinnerte daran, dass die Koalition mittelfristige Braunkohleverstromung an die CCS-Technologie gekoppelt hat, deren Zukunft äußerst ungewiss ist. Koalitionskreise kritisierten zudem, Platzeck mache Werbung für die Braunkohle und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) sei mit der Vorlage der neuen Energiestrategie des Landes längst überfällig.

Auch CDU-Energieexperte Steeven Bretz sieht Christoffers beschädigt. "Platzeck widerspricht seinem Wirtschaftsminister. Denn Christoffers stellt die Akzeptanzfrage der künftige Energiepolitik an oberste Stelle", sagte Bretz. "Platzeck aber weicht jeder Debatte aus." Grüne-Fraktionschef Axel Vogel sprach von Platzecks "aussichtslosem und tragischem Kampf für die Braunkohle".

Lediglich FDP-Landeschef Gregor Beyer, zudem Energieexperte der liberalen Landtagsfraktion, bezeichnete das Positionspapier als richtigen Schritt. Es sei jedem klar, dass CCS - wenn überhaupt - erst spät einsetzbar und der Ausbau erneuerbarer Energien nur schrittweise vorangehe. Deshalb sei die Verstromung von Braunkohle auch ohne CCS längerfristig notwendig.

HINTERGRUND

Das fünfseitige Papier der Staatskanzleien in Potsdam, Dresden und Magdeburg beschreibt "eine gemeinsame Position" von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburhg "zur Bedeutung der Braunkohle im Hinblick auf die anstehende Neuorientierung in der Energiepolitik". Die CCS-Technologie zur Abscheidung und Speicherung des Klimagases Kohlendioxid spielt nur am Rande eine Rolle. Es geht aber um eine "umweltfreundlichere Verstromung der Braunkohle als Brückentechnologie" für den künftigen Energiemix. Dadurch würden die Klimaziele nicht infrage gestellt.

von Alexander Fröhlich

http://www.tagesspiegel.de/meinung/ich-verstehe-die-politische-dimension/4201696.html

Porträt Lars G. Nordström VATTENFALL-Aufsichtsratschef - Der Tagesspiegel, 20.05.2011

Eigentlich wollte der schwedische Topmanager Lars G. Nordström schon längst im Ruhestand sein. Von 2002 bis 2007 leitete der 66-Jährige die größte und teilstaatliche nordeuropäische Bank Nordea. Dann überredete ihn die Regierung in Stockholm, doch noch für drei weitere Jahre die schwedische Post zu übernehmen und sie mit der dänischen zu fusionieren. Das gelang ihm mit Bravour. Nun lässt sich der pflichtbewusste Topchef wieder einspannen, im Versuch des schwedischen Finanzministers Peter Norman, endlich wieder Ordnung und Ansehen in den Energiekonzern Vattenfall zurückzubringen.

Der Konzern kämpft nach Atomkraftwerkspannen und Konzentration auf umweltzerstörende Braunkohleaktivitäten um seine Stellung im wichtigen Deutschlandmarkt.

Inzwischen wird auch in der schwedischen Heimat der hohe ausländische CO-2-Ausstoß von Vattenfall, der dem von ganz Schweden entspricht, thematisiert.

Nordström soll das Unternehmen denn auch, wie auf einer Pressekonferenz am Freitag deutlich wurde, in den grünen Bereich bringen – in mehrfacher Bedeutung. Zum einen sollen die Braunkohleaktivitäten in Deutschland kritisch überprüft werden. Zum anderen soll er Ruhe in das zuletzt fast peinlich werdende Personalkarussell bringen. Dem langjährigen Konzernchef Lars G. Josefsson und seiner Führungsclique, darunter auch zahlreichen deutschen Topmanager, wurden von dessen bisherigen Nachfolgern astronomisch hohe Abfindungsgelder zugebilligt. Die mussten nun auch gehen. Nordström räumt seinen Willen zu einer grüneren Energiepolitik und niedrigeren schwedischen Strompreisen bislang jedoch nur vage ein. „Ich verstehe die politische Dimension von Vattenfall“, sagt er.

All das seien nur Lippenbekenntnisse, die Vattenfall und die schwedische Regierung bereits seit Jahren von sich geben, kritisiert die schwedische Wirtschaftszeitung E24. Es sei fraglich, ob Nordström, der Profiverwalter staatlichen Eigentums, die Kraft habe, die vielen notwendigen Veränderungen im Energiekonzern durchzuführen.

„Wie die Strategie aussieht, hängt natürlich davon ab, welche Politik die Regierung führen will und wie wir einen anständigen Profit liefern können“, sagte der neue Aufsichtsratschef am Freitag. Auch zur Braunkohle in Deutschland äußerte er sich ausweichend. Nordström soll bei einer außerordentlichen Hauptversammlung am 14. Juni offiziell in sein Amt gewählt werden.

André Anwar