Rundbrief vom 8. Oktober 2018

1. Lausitzer bei Stop Kohle-Demonstration im Rheinland

2. Enteignung von Grundstücken für Braunkohletagebaue abschaffen

3. Klimapilgern durch die Lausitz: Übernachtungen bis übermorgen anmelden!

4. Rodungsstop in Hambach bringt auch Lausitzer Kohlelobby in Erklärungsnot

5. So funktionieren Fake-News in der Lausitz: „Märkischer Bote“ vervierzigfacht LEAG-Sponsoring

6. Neues vom Schreckgespenst: Woidke und die AfD

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1. Lausitzer bei Stop Kohle-Demonstration im Rheinland

Am Wochenende fand in Buir am Tagebau Hambach die mit etwa 50.000 Teilnehmern bisher größte Demonstration gegen Braunkohletagebaue statt. Auch Lausitzer Kohlekritiker*innen waren angereist. Die GRÜNE LIGA Umweltgruppe Cottbus hatte einen Kleinbus gemietet, um die Fahrt quer durch Deutschland zu ermöglichen. Um dabei zu sein, mussten die Teilnehmer schon um 2 Uhr nachts in Cottbus abfahren. Wir danken den ehrenamtlichen Fahrern für den großartigen Einsatz! (Foto: stop-kohle.de)

2. Enteignung von Grundstücken für Braunkohletagebaue abschaffen

Das Portal Klimareporter.de veröffentlichte am Wochenende einen Gastbeitrag von Hannelore Wodtke (Grüne Zukunft Welzow) und René Schuster (GRÜNE LIGA), in dem die Abschaffung von Enteignungen für Braunkohletagebaue gefordert wird. Sie kritisieren die Debatte darüber, ob die Konzerne für einen Kohleausstieg vom Steuerzahler entschädigt werden müssten. „Wie können Kohlekonzerne in ihrem Grundrecht auf Eigentum betroffen sein, solange sie ihre Tagebaue auf fremden Grundstücken fortführen wollen?“ fragen sie in ihrem Beitrag. (Foto: Hannelore Wodtke)

3. Klimapilgern durch die Lausitz: Übernachtungen bis übermorgen anmelden!

Logo Klimapilgern 4c deutsch selbstgeschnittenAnfang November führt der ökumenische Klima-Pilgerweg durch das Lausitzer Braunkohlerevier. Für das Pilgern mit Übernachtung wird um Anmeldung bis Mittwoch, 10. Oktober gebeten! Wer keine Übernachtung benötigt, kann dagegen auch kurzfristig noch dazustoßen.

www.klimapilgern.de

4. Rodungsstop in Hambach bringt auch Lausitzer Kohlelobby in Erklärungsnot

Am Freitag, dem 5. Oktober stoppte das Oberverwaltungsgericht Münster die Rodung der Reste des Hambacher Waldes, bis über die Klage des BUND Nordrhein-Westfalen gegen den Hauptbetriebsplan 2018 bis 2020 des Tagebaues Hambach entschieden ist. In der Rodungssaison 2018/19 ist damit sicher nicht mehr zu rechnen, manche Presseberichte gehen auch von mindestens zwei Jahren aus. (Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts)

Fatal für RWE, deren Aktienkurs einbrach und die jetzt Farbe bekennen müssen, ob der Tagebau ohne Rodung tatsächlich so schnell stoppen muss, wie öffentlich behauptet wurde.

Fatal aber auch für den Verein Pro Lausitzer Braunkohle, der seit einigen Tagen eine Online-Petition „für eine Rodung des Hambacher Forstes“ betreibt und hauptsächlich damit argumentiert, dass Kritik an der Rodung ein Angriff auf den Rechtsstaat sei. Mit dem unanfechtbaren Beschluss des OVG Münster ist nun klargestellt, dass es ein Angriff auf den Rechtsstaat ist, die schnelle Rodung des Waldes zu fordern. Wir können Herrn Rupieper nur dringend empfehlen, seine Petition einzustampfen. Zumal darin - wie man es leider der Pro-Kohle-Vereinsgründung 2011 schon gewohnt ist - Andersdenkende herabgewürdigt werden: „Wer nicht will, dass Deutschland zu einem Land für Gärtner und Spinner wird, der sollte sich dieser Petition anschließen.“ (die Pro-Kohle-Petition zum lesen und Kopf schütteln)

5. So funktionieren Fake-News in der Lausitz: „Märkischer Bote“ vervierzigfacht LEAG-Sponsoring

Kostenlos in alle Briefkästen des Spree-Neiße-Kreises eingeworfen verbreitete der „Märkische Bote“ vom 29. September die Behauptung "39,3 Mio. Euro gab LEAG 2017 an Sponsoring aus." (Artikel "Zahlen zum Grübeln", Seite 3) Ist das Braunkohleunternehmen also der Weihnachtsmann der Region?

Fakt ist: Nach uns vorliegenden schriftlichen Aussagen der LEAG bezieht sich diese Zahl auf die Jahre 2013 bis 2017 und umfasst alle freiwilligen Leistungen in der Region, der größte Teil davon Kompensation an Kommunen für Belastungen durch die LEAG-Tagebaue. An Sponsoring wurden in diesem Zeitraum 4,5 Mio. Euro von Vattenfall/LEAG ausgegeben. Der Märkische Bote hat also aus 4,5 Mio. Euro in fünf Jahren 39,3 Mio. in einem Jahr gemacht, mehr als das 40fache des realen Betrages!

Hinzu kommt, dass die LEAG wahrscheinlich nur deshalb fünf Jahre zusammenrechnet, weil so nicht zu sehen ist, wie stark die Zahlen in diesem Zeitraum voller Sparprogramme gesunken sind. Ob der reale Betrag für 2017 vielleicht sogar verfünfzig- oder verhundertfacht wurde, ist also schwer herauszufinden.

Am Abend des 30. September forderten wir die Redaktion des Märkischen Boten per E-Mail auf, die Fehlinformation zu korrigieren. Das ist in der Ausgabe vom 6. Oktober nicht geschehen. Es entsteht also der Eindruck, dass eine Manipulation der öffentlichen Meinung mit falschen Zahlen gewollt ist. Im „Märkischen Boten“ erscheint monatlich eine Kohle-Lobbyseite („Mein Sonntag im Revier“). Herausgeber und Meinungsmacher der Zeitung ist Jürgen Heinrich, der im Jahr 2002 als inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit enttarnt wurde, für die er Journalistenkollegen bespitzelt hatte. („Spitzeldienste als Selbstverständlichkeit“, Lausitzer Rundschau, 06.02.2002)

Zahlen in einem nachweislich falschen, dafür aber kohlefreundlichen Zusammenhang sind leider kein Einzelfall in Lausitzer Medien. Ob man da wohl Schützenhilfe vom Pro-Braunkohle-Verein erwarten kann, der in seiner Petition immerhin die Medien auffordert „den Missbrauch ihrer Macht auf die Meinungsbildung wider besseres Wissen zu unterlassen“? Wohl kaum, denn der Verein hat selbst einen Teil der oben genannten Gelder vom Unternehmen erhalten. (Vattenfall ist überall, Der Spiegel, 28.10.2013) Womit auch klar ist, dass „freiwillige Leistungen“ noch lange keine uneigennützigen Geschenke an die Region sind.

6. Neues vom Schreckgespenst: Woidke und die AfD

Schon im Juli 2018 hatten wir einen Kommentar dazu veröffentlicht, dass AfD-Wahlergebnisse auch in der Lausitz kaum von der Energiepolitik abhängen. Doch wen interessieren schon Fakten, wenn er auch Mythen verbreiten kann? Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) droht mit dem Rechtsruck inzwischen sogar in einer Weise, die praktisch als Wahlkampfhilfe für die AfD wirken muss. Nach einem Interview mit Woidke titelte der Tagesspiegel am 1. September 2018 „Ein schneller Kohleausstieg stärkt die AfD“. Es ist schon absurd: Aus der Kohlekommission kann schon laut ihrem Auftrag (Einsetzungsbeschluss der Bundesregierung) gar nichts rauskommen, womit die Kohlelobby zufrieden ist, erfahrungsgemäß wird sie jeden Kohleausstieg als zu schnell bezeichnen. Und ein SPD-Ministerpräsident redet den Leuten aktiv ein, dass sie in diesem Fall ja wohl AfD wählen werden. Damit haben sich die verbohrten Kohlefreunde in der brandenburgischen SPD offenbar von einer Machtstütze zu einer ernsten Gefahr für die Partei entwickelt.

Auch der Pro-Braunkohle-Verein, eigentlich von Politikern der etablierten Parteien gegründet, scheint die Berührungsängste zur AfD abzubauen. Der Verein hat die Verrohung der politischen Kultur mit diversen Bezeichnungen für Andersdenkende zwar schon vor der AfD betrieben. Doch inzwischen schreibt er von „Merkels Klima-Irrsinn“ und greift „die Eliten“ und die öffentlich-rechtlichen Medien an. Ist diese Annäherung an Wortwahl und Feindbilder von AfD und Pegida noch Zufall? Falls die PR-Strategen des Vereins das bewusst als „Erfolgsrezept“ kopiert haben, nehmen sie zumindest der Kohle zuliebe politische Nebenwirkungen in Kauf.

Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 1. Oktober kritisierte Hans-Joachim Schellnhuber, ehemaliger Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Woidkes AfD-Argument mit deutlichen Worten: „Die seltsame Logik der Fossil-Lobby geht so: Wenn 90.000 Arbeitsplätze vernichtet werden, damit ein paar Leute aus dem Westen gute Geschäfte machen, oder weil die Treuhand es nicht besser hingekriegt hat, dann ist das unhinterfragbares Schicksal. Aber 8.000 Arbeitsplätze für die Rettung des Planeten zu konvertieren, denn es gibt ja Alternativen, das ist völlig unmöglich. Ich sage: Das ist verlogen. Ich höre das im Westen wie im Osten, in der CDU wie in der SPD. Ein großer Teil der politischen Klasse versucht sich unter Verweis auf die AfD um ihre Zukunftsverantwortung herum zu schwindeln.“

Der Rundbrief als pdf