Rundbrief vom 04. November 2012

1. Kündigungen bei Vattenfall nicht mehr ausgeschlossen
2. Dorffest gegen die Abbaggerung: Braunkohle-Pläne sind Politik von gestern
3. Experte: Übertriebener Netzausbau soll Kohlekraftwerken statt Erneuerbaren dienen
4. Solargenossenschaft Lausitz weiht weitere Anlage ein
5. Bündnisgrüne bestimmten Direktkandidaten zur Bundestagswahl

1. Kündigungen bei Vattenfall nicht mehr ausgeschlossen

Am 25. Oktober scheiterten vorerst die Tarifverhandlungen der Beschäftigten des Vattenfall-Konzerns. Gescheitert ist nach Presseberichten insbesondere eine Einigung darüber, wie lange betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen werden sollen. Ebenso stehe eine Reduzierung der Übernahme von Auszubildenden im Raum. Auch der in der Lausitz in jedem Briefkasten liegende "Märkische Bote" berichtete darüber am 27. Oktober unter der Überschrift "Jobsicherheit für die Vattenfaller vor dem Aus". Betriebsbedingte Kündigungen gelten als letztes Mittel, die Mitarbeiterzahl kann aufgrund der Altersstruktur auch durch Verrentung und Vorruhestand reduziert werden. Anfang 2013 werde weiter verhandelt. Der Konzern ist im dritten Quartal 2012 durch Wertberichtigungen europaweit in die Verlustzone geraten, was die Sparbestrebungen weiter anfeuern dürfte. Nach Informationen des Stern will Vattenfall 2013 bei den Kosten drei Milliarden schwedische Kronen einsparen.

2. Dorffest gegen die Abbaggerung: Braunkohle-Pläne sind Politik von gestern

31.10.2012. Menschen aus allen Teilen Brandenburgs haben heute in Atterwasch im Landkreis Spree-Neiße gegen neue Braunkohle-Tagebaue protestiert. Auf einem "Dorffest für Heimat und Zukunft", das von Kirchengemeinde, Feuerwehr und Landwirtschaftsbetrieben ausgerichtet wurde, sprachen sich Politiker und Wirtschaftsvertreter vor etwa 350 Teilnehmern gegen die Pläne der Landesregierung aus, Atterwasch und fünf weitere Dörfer abzubaggern.
"Wenn wir die Energiewende wollen, darf die Braunkohleverstromung nicht über das Jahr 2035 hinaus verlängert werden", sagte Bauernbund-Präsident Karsten Jennerjahn auf der Kundgebung: "Die Rekultivierung ist ein Märchen, die nachhaltige Zerstörung ganzer Landstriche ist real. Für die Bewohner der betroffenen Dörfer fängt der Horror schon mit der Planung an."
Der Wirtschaftswissenschaftler Christian von Hirschhausen, Energieexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, machte bei einem Podiumsgespräch deutlich: "Braunkohle wird bei der Energiewende eine kürzere Brücke sein, als die Brandenburger Politik es bislang propagiert. Die CO2-Abscheidung von Kohlekraftwerken ist eine gescheiterte Innovation, weil sie sich weder technisch noch wirtschaftlich trägt und auch ein europaweites Netz von Abgasleitungen nicht machbar sein wird. Ich würde der Landesregierung daher nahelegen, die Planverfahren für neue Tagebaue nicht weiter zu verfolgen."
Das Schlusswort sprach die schönste Brandenburgerin. Die 22jährige Julia Albinus aus Atterwasch, im Frühjahr zur Miss Brandenburg 2012 gewählt, appellierte an die Teilnehmer: "Kämpft dagegen, dass unsere Heimat der Braunkohle zum Opfer fällt. Setzt Euch dafür ein, dass auch nachfolgende Generationen in den Wiesen am Goldwässerchen spielen können, so wie ich es als Kind gern getan habe."
Auch die Abgeordneten Monika Schulz-Höpfner (CDU), Sabine Niels (Grüne) und Wolfgang Neskovic (Linke) sowie Christoph Rechberg vom Grundbesitzerverband kritisierten die Braunkohle-Pläne der Landesregierung als Politik von gestern.
Begonnen hatte das Dorffest mit einem Gottesdienst und dem Podiumsgespräch, an dem außer Hirschhausen auch der PNN-Chefredakteur Peter Tiede und der Rechtsanwalt Dirk Teßmer teilnahmen. Veranstalter war das Bündnis Heimat und Zukunft, in dem sich Politiker aller Parteien und Vertreter von Wirtschafts- und Umweltverbänden sowie der Kirche zusammengeschlossen haben, um die Energiewende in Brandenburg durchzusetzen (Pressemitteilung des Bündnisses, Bilder und Video von der Veranstaltung ebenfalls auf der Seite www.heimatzukunft.de)

3. Experte: Übertriebener Netzausbau soll Kohlekraftwerken statt Erneuerbaren dienen

In der vergangenen Woche erschienen in taz und tagesschau zwei Interviews mit Wirtschaftsprofessor Lorenz Jarass, der die Notwendigkeit des Netzausbaues im geplanten Umfang anzweifelt. Dieser solle auf Kosten der Verbraucher vor allem den Absatz der Kohlekraftwerke sichern. Jarass dazu in der taz vom 1. November:
"Nehmen Sie die Leitungen, die von Ostdeutschland nach Bayern verlegt werden. Die braucht man, weil wir im Osten viel Windkraft haben und parallel Braunkohlekraftwerke. Auch die sollen weiterhin ausgelastet sein. Auch bei starkem Wind, wenn im Netz nicht Platz für Wind- und Kohlestrom ist. Plakativ gesagt: Die ostdeutschen Leitungen sind für die Braunkohle."
Jarass veröffentlichte das Buch "Welchen Netzausbau braucht die Energiewende?" (MV-Verlag, Münster, 08/2012; ISBN 978-3-86991-641-5, 280 S.)
Die Interviews im Internet:
http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2012/11/01/a0214
http://www.tagesschau.de/inland/netzausbau108.html

4. Solargenossenschaft Lausitz weiht weitere Anlage ein

Zur Zeit wird die erste Photovoltaikanlage der Genossenschaft auf einem städtischen Gebäude in Guben errichtet. Die offizielle Inbetriebnahme ist am 27.11.2012 in Gegenwart des amtierenden Bürgermeisters und (voraussichtlich) der Gubener Apfelkönigin vorgesehen. (www.solar-lausitz.de)

5. Bündnisgrüne bestimmten Direktkandidaten zur Bundestagswahl

Die Bündnis 90/Grüne-Kreisverbände Cottbus und Spree-Neiße haben am 18. Oktober Wolfgang Renner als Direkt-Kandidaten für die Bundestagswahl 2013 in ihrem Wahlkreis gewählt. Der 54jährige Leiter des Naturparkes Schlaubetal hat angekündigt, dass die Ablehnung neuer Tagebaue eine große Rolle in seinem Wahlkampf spielen wird. Bei CDU, LINKE und SPD ist die Entscheidung über die Direktkandidaten noch nicht gefallen. Die FDP entschied sich bereits für Prof. Martin Neumann, der sich in der Vergangenheit mehrfach pro Braunkohle und CCS äußerte. Derzeitiger Inhaber des Direktmandates aus Cottbus und Spree-Neisse ist der parteilose Jurist Wolfgang Neskovic (Fraktion DIE LINKE).