Rundbrief vom 18. Juni 2014

1. Nachhaltigkeitsbeirat des Landes kritisiert Welzow-Beschluss der Landesregierung
2. Welzow II und der Korruptionsverdacht am BER-Flughafen
3. Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Welzower Bürgermeisterin
4. Bayern will keinen Braunkohlestrom
5. Welzow II - Kritik aus der Kirche
6. Welzow II - Kritik in der Linken
7. Keine Kohle-Mehrheit in Proschim
8. Grüne: Braunkohle-Entscheidungen der Regierung beruhen auf Vermutungen
9. „Senftenberg am See“
10. Südbrandenburg hat nicht nur Braunkohle...

1. Nachhaltigkeitsbeirat des Landes kritisiert Welzow-Beschluss der Landesregierung

Der Beirat für Nachhaltige Entwicklung hat in Reaktion auf den Beschluss des Braunkohleplans Welzow-Süd II die Landesregierung mit deutlichen Worten kritisiert. Wir fügen das Schreiben des Beirates diesem Rundbrief bei.

2. Welzow II und der Korruptionsverdacht am BER-Flughafen

Es gibt manchmal merkwürdige Zufälle. Jochen Großmann wurde als Technikchef des Großflughafens BER entlassen, weil er unter Korruptionsverdacht steht und zudem an illegalen Preisabsprachen beteiligt gewesen sein soll. Sein Name taucht derzeit nahezu täglich in der Presse auf. Völliges Vertrauen hat die Landesregierung gleichzeitig offenbar in den Umweltbericht zum Braunkohlenplan Welzow-Süd II. Die Firma Großmann Ingenieur Consult (GICON), die ihn zu großen Teilen erstellt hat, wird von demselben Jochen Großmann geführt. Großprojekte erfordern eben ganz bestimmte Kompetenzen.

3. Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Welzower Bürgermeisterin

Nach Informationen des Spiegel und der PNN ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Welzower Bürgermeisterin Birgit Zuchold (SPD) wegen Bestechlichkeit. Zuchold soll eine von Vattenfall bezahlte Anwaltskanzlei nicht für die Wahrung der Stadtinteressen gegen den Tagebau, sondern beispielsweise auch für Streitigkeiten gegen den Ortsbeirat von Proschim genutzt haben. Dieser lehnt die Umsiedlung seines Ortes konsequent ab. Dazu ist auch die Bürgermeisterin durch einen Beschluss der Stadtverordneten aus dem Jahr 2011 verpflichtet.
Besonders ausführlich berichteten die Potsdamer Neuesten Nachrichten:
http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/865065/
http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/865357/

4. Bayern will keinen Braunkohlestrom

Nach einem Bericht des FOCUS vom Freitag will der Freistaat Bayern den Bau der Suedlink-Stromtrasse nur akzeptieren, wenn diese nicht für Braunkohlestrom genutzt wird. Die Chefin der bayerischen Staatskanzlei, Christine Haderthauer (CSU), sagte, die Süd-Ost-Trasse stoße auf große Akzeptanzprobleme. "Denn sie hat ganz offenbar den Zweck, die Abnahme von Braunkohlestrom aus Mitteldeutschland sicherzustellen. Die Energiewende darf aber nicht ein verkapptes Förderprogramm für Braunkohlekraftwerke werden."
(Anmerkung: wegen des gut ausgebauten Stromnetzes zwischen der Lausitz und dem Leipziger Raum betrifft diese Diskussion nicht nur Strom aus dem mitteldeutschen, sondern auch aus dem Lausitzer Braunkohlerevier.)
http://www.focus.de/immobilien/energiesparen/hadertauer-zu-suedlink-bayern-akzeptiert-nur-mega-stromtrasse-fuer-windenergie_id_3918013.html

5. Welzow II - Kritik aus der Kirche

Kritik am Kabinettsbeschluss gab es aus vielen Richtungen: Die Pröpstin der Berlin-Brandenburger Landeskirche EKBO, Friederike von Kirchbach sagte der Wochenzeitung "Die Kirche", jeder Schritt in Richtung Ausstieg aus der Braunkohle sei besser als "die Schritte, die das Alte fortsetzen". "Wir hoffen sehr, dass in den nächsten Jahren konsequenter neue Wege bei der Energieerzeugung gegangen werden."

6. Welzow II - Kritik in der Linken

Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Betrieb & Gewerkschaften der Linkspartei fasste am Wochenende in Berlin einen Beschluss, in dem es heißt: „Das Bundestreffen der AG Betrieb & Gewerkschaft wendet sich entschieden gegen weitere Aufschlüsse von Braunkohletagebauen zur Kohleverstromung und gegen die Umsiedlung von 800 Menschen aus ihren vorwiegend sorbischen Dörfern für diesen Zweck. (...) Die Glaubwürdigkeit unserer Partei - ein Wesensmerkmal, das uns von den anderen Parteien unterscheiden soll - wird hier aufs Spiel gesetzt. Wir erwarten, dass sich DIE LINKE in Brandenburg, auch in einer Koalition mit der SPD, an die programmatischen Grundlagen der Partei hält. Wir bedauern, dass die vielen Proteste, Einsprüche und nicht zuletzt der Appell der stellvertretenden Parteivorsitzenden wirkungslos geblieben sind. Das Bundestreffen der AG Betrieb & Gewerkschaft unterstützt diesen Appell. Die darin genannten Argumente gegen die Braunkohle-Entscheidung werden nicht dadurch obsolet, dass diese Entscheidung nun trotz aller Widersprüche getroffen wurde. Wir appellieren an die brandenburgische Regierungsfraktion sich von ihrer rückwärtsgewandten Energiepolitik zu distanzieren.“

7. Keine Kohle-Mehrheit in Proschim

Nach dem Kabinettsbeschluss zu Welzow wurde in verschiedenen Internetforen darauf verwiesen, dass bei der Kommunalwahl im Wahllokal Proschim angeblich kohlefreundliche Parteien mehr als 50 % erzielt hätten. Als Begründung wurden CDU und SPD-Ergebnisse addiert. Das ist ein Fall von (gezielter?) Desinformation: Es wird dabei nämlich verschwiegen, dass die CDU im Welzower Stadtparlament seit vielen Jahren die kohlekritischste Stimme ist. Folgerichtig bekam sie im Wahllokal Proschim bei der SVV-Wahl 38,1 % der Stimmen. Und bekanntlich ist es keine Ausnahme, dass auf der kommunalen Ebene in allen Parteien tagebaukritische Positionen vertreten werden.

8. Grüne: Braunkohle-Entscheidungen der Regierung beruhen auf Vermutungen

Die Bündnisgrünen im Landtag Brandenburg haben eine Große Anfrage zur „Regionalwirtschaftlichen Bedeutung der Braunkohle in Brandenburg“ gestellt, die vor wenigen Tagen von der Landesregierung (großenteils ausweichend) beantwortet wurde. (Drucksache 5-9191) Gegenüber der PNN warf die Landtagsfraktion der Regierung vor, weitreichende Entscheidungen über Tagebaue im Wesentlichen auf Grundlage von Vermutungen zu treffen. Die Grünen kündigten an, einen Antrag zur Notwendigkeit eines Zukunftskonzeptes für die Lausitz einzubringen.

9. „Senftenberg am See“

In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift „Ossietzky“ veröffentlicht Irene Teichmann den Text „Senftenberg am See“ über den Umgang mit Bergbaufolgen in der Lausitz. Er ist hier abrufbar:
http://www.ossietzky.net/12-2014&textfile=2699

10. Südbrandenburg hat nicht nur Braunkohle...

...auch wenn manche Anzeigenkampagne das suggeriert. Die IHK Cottbus verkündete in der vergangenen Woche in einer Pressemitteilung eine hervorragende Bilanz der südbrandenburgische Industrie, deren Umsatz und Export 2013 gestiegen ist. Dabei erwähnte sie die Branchen chemische Industrie (als stärkste Branche), das Ernährungsgewerbe, die Herstellung von elektrischen Ausrüstungen, die Herstellung von Metallerzeugnissen, den Maschinenbau und die Herstellung von Papier und Pappe. Braunkohle fand in dieser Aufzählung keine Erwähnung und es ist auch nicht vorstellbar, dass die erwähnten Branchen nur wegen der Braunkohleverstromung erfolgreich sind. Das von der Kohlelobby (inklusive IHK) gern erzählte Märchen von der Braunkohle als einzigem Garanten der Lausitzer Wirtschaft hat sie hier offensichtlich selbst widerlegt.

Der Rundbrief als pdf (2 S., 200 kB)
Stellungnahme des Nachhaltigkeitsbeirates