Rundbrief vom 06. März 2014

1. Tagebau Nochten II: energiepolitisches Armutszeugnis der sächsischen Regierung
2. Am 22. März zur Energiewende-Demo nach Potsdam: Treffpunkte in der Lausitz
3. Lausitzer Dörfer für die Stromversorgung in Bayern? - Kommentar im DIW-Wochenbericht
4. Kraftwerk Jänschwalde als "reparaturbedürftiger Trabant"
5. Landtag in Potsdam lehnte Antrag auf Klimaschutzgesetz ab
6. Vattenfall verkauft seine Ingenieurgesellschaft VPC
7. Kohle frisst Kultur - Kommentar auf MDR Figaro
8. Atterwasch auf "Russia today"

1. Tagebau Nochten II: energiepolitisches Armutszeugnis der sächsischen Regierung

Am gestrigen 5. März genehmigte das sächsische Innenministerium den Braunkohlenplan zum Tagebau Nochten II. Das Aktionsbündnis "Strukturwandel jetzt" bezeichnet diese Entscheidung als energiepolitisches Armutszeugnis und kündigt Klagen gegen den Plan an.
"Die heutige Genehmigung des Braunkohlenplanes Nochten II durch das sächsische Innenministerium ist ein energiepolitisches Armutszeugnis. Sachsen und Vattenfall betreiben eine rückschrittliche Energiepolitik auf dem Rücken von 1700 Umsiedlungsbetroffenen und gegen den erklärten Willen der sorbischen Minderheit." sagt Adrian Rinnert vom Bündnis "Strukturwandel jetzt - Kein Nochten II".
"Die zur Umsiedlung ganzer Dörfer erforderliche zwingende energiepolitische Notwendigkeit konnte nicht nachgewiesen werden. Wir sind deshalb überzeugt, dass der Plan nicht im Einklang mit deutschem und europäischem Recht steht. Als Aktionsbündnis werden wir die Umweltverbände und betroffenen Bürger unterstützen, gegen die heutige Entscheidung vor Gericht zu gehen."
Rinnert weiter: "Das Innenministerium hat offenbar auch selbst erkannt, dass der Plan Mängel hat, sonst hätte es nicht zusätzliche Auflagen formuliert. Die gravierenden Probleme, die dieser Tagebau verursachen würde, können aber nicht kosmetisch mit Auflagen gelöst werden. Das Ministerium hätte stattdessen die Genehmigung verweigern müssen, um Schaden von unserer Region abzuwenden."
Der Wortlaut von Genehmigung und Auflagen liegt aktuell noch nicht öffentlich vor. Auch eine von 3673 Bürgern unterzeichnete Petition an das Innenministerium wegen des geplanten Tagebaues ist bis heute noch nicht beantwortet worden.
Für eine Umsetzung von Nochten II sind zahlreiche weitere Genehmigungen nötig. Insbesondere muss zum bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan ein Verfahren mit erneuter Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden.
Die Pressemitteilung der sächsischen Staatsregierung steht hier:
http://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/190576

2. Am 22. März zur Energiewende-Demo nach Potsdam: Treffpunkte in der Lausitz

Die neue Bundesregierung plant einen Frontalangriff auf die Energiewende. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien droht mit einem Ausbaudeckel und massiven Förderkürzungen abgewürgt zu werden. Stattdessen setzt Schwarz-Rot auf Kohlekraft – etwa mit neuen Subventionen, die verhindern, dass alte Kohlekraftwerke heruntergefahren werden. In den nächsten Monaten muss sich die Regierung mit den Bundesländern über ihre energiepolitischen Pläne einigen. Etliche stehen diesen kritisch gegenüber – jetzt müssen sie sich wehren. Ein breites gesellschaftlichen Bündnis will deshalb am Sonnabend, dem 22. März mit zehntausenden Menschen in sieben Landeshauptstädten auf die Straße gehen. Näheres dazu steht auf http://energiewende-demo.de/ . Für uns Betroffene der Lausitzer Braunkohletagebaue liegt es auf der Hand, uns in die Demonstration in Potsdam einzubringen. Diese soll um 13:00 Uhr vor der Staatskanzlei beginnen.
Für die Anreise ist die Bahn die beste Möglichkeit. Wir treffen uns dazu mindestens an folgenden zwei Treffpunkten:
Hauptbahnhof Cottbus, 9:45 Uhr
(zum Zug 10:00 Uhr, Umsteigen in Berlin, Ankunft Potsdam 12:05 Uhr)
Bahnhof Guben 9:30 Uhr
(Zug 9:46 Uhr, Umsteigen in Frankfurt(Oder) Ankunft Potsdam 12:05 Uhr)
An beiden Treffpunkten erstatten wir jeweils den ersten zehn Teilnehmern die Fahrtkosten (je zwei Wochenendtickets).

3. Lausitzer Dörfer für die Stromversorgung in Bayern? - Kommentar im DIW-Wochenbericht

Kritiker zusätzlicher Hochspannungsleitungen in Bayern werden zunehmend sensibel für die Bedrohung von Lausitzer Dörfern durch Braunkohle - denn dieser Braunkohlestrom würde letztlich durch die geplante Stromautobahn fließen. Deren Notwendigkeit für die Energiewende ist dagegen umstritten. Im Wochenbericht 9/2014 des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW) kommentierte nun Prof. Christian von Hirschhausen diesen Zusammenhang:
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.438716.de/14-9-4.pdf

4. Kraftwerk Jänschwalde als "reparaturbedürftiger Trabant"

Wozu einen Trabant reparieren, wenn man einen Mercedes kaufen könne, wurde Hanna Mrówczyńska, Direktorin des Energieunternehmens PGE Gubin am 19. Februar in der polnischen "Gazeta Wyborcza" zitiert. Damit dementierte sie Informationen, dass PGE Interesse am Kauf des brandenburgischen Kohlekraftwerk Jänschwalde habe. Ganz nebenbei stellt sie damit dem Kraftwerk ein vernichtendes Zeugnis aus, dass so gar nicht zur Pressearbeit Vattenfalls auf deutscher Seite passt. Hanna Mrówczyńska leitet die Tochterfirma von PGE, die den grenznahen Tagebau Gubin-Brody durchzusetzen versucht.
http://zielonagora.gazeta.pl/zielonagora/1,35182,15488607,Rozmowa_o_kopalni__Trabanta_nie_chcemy__elektrowni.html#ixzz2uEhF90LU

5. Landtag in Potsdam lehnte Antrag auf Klimaschutzgesetz ab

In der Plenarsitzung des Landtages Brandenburg am 26. Februar wurde der von den Grünen eingebrachte Entwurf für ein Klimaschutzgesetz wie erwartet mehrheitlich abgelehnt. Die Regierungskoalition hätte auch wie vielfach üblich mit einem eigenen Entschließungsantrag das Thema aufgreifen können. Das ist jedoch nicht geschehen, so dass SPD und Linke entweder beide keine Notwendigkeit sehen, die Klimaschutzziele des Landes gesetzlich zu verankern oder sich darüber nicht einig werden konnten. So bleibt Klimaschutz in Brandenburg bis auf weiteres eine unverbindliche Absichtserklärung.

6. Vattenfall verkauft seine Ingenieurgesellschaft VPC

Vattenfall will noch im 1. Quartal die Vattenfall Europe PowerConsult GmbH (VPC) mit Sitz in Vetschau an die Firma Palero verkaufen. Die Transaktion soll im 1. Quartal 2014 abgeschlossen sein. Die VPC mit insgesamt 535 Mitarbeitern hat ihren Hauptsitz in Vetschau und Standorte in Berlin, Leipzig, Dresden, Hamburg, Spremberg und Jänschwalde. Auch die VPC East in Belgrad/Serbien und die Lausitzer Analytik GmbH (LAG) in Spremberg werden veräußert. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die VPC-Gruppe erbringt Ingenieurs- und Labordienstleistungen im Kraftwerks- und Energiebereich sowohl für Vattenfall als auch für Dritte. Vattenfalls Deutschland-Chef Tuomo Hatakka bezeichnete den Verkauf als Teil des Konsolidierungsprogrammes "als Reaktion auf die schwierigen Marktbedingungen". Quelle:
http://www.nordic-market.de/news/13729/vattenfall_verkauft_seine_ingenieursgesellschaft_vattenfall_europe_powerconsult_gmbh_vpc_an_den_private_equity_investor_palero.htm

7. Kohle frisst Kultur - Kommentar auf MDR Figaro

MDR Figaro, das Kulturradio des mitteldeutschen Rundfunks, sendete am 4. März den hier verlinkten Kommentar von Wilhelm Bartsch zur Bedrohung sorbischer Dörfer durch die Braunkohle:
http://www.mdr.de/mdr-figaro/journal/kolumne-wilhelm-bartsch100.html

8. Atterwasch auf "Russia today"

Nachdem New York Times und National Geographic über die drohenden Umsiedlungen in der Lausitz berichteten (siehe unser Rundbrief vom 24. Februar), hat nun auch der englischsprachige Fernsehsender "Russia today" einen Bericht aus Atterwasch gebracht, der hier angesehen werden kann:
https://www.youtube.com/watch?v=or98tWjQpGM&feature=youtube_gdata_player

Der Rundbrief als pdf (3 S., 190 kB)