Rundbrief vom 29. August 2013

1. Wollen die Lausitzer neue Tagebaue? - Anmerkungen zur forsa-Umfrage der IGBCE
2. Potsdamer Koalition will kein CCS-Verbot
3. Wahlforum der „Klinger Runde“ am 5. September
4. Abwahl-Referendum im polnischen Brody nur knapp gescheitert
5. Vorankündigung (1): Protest in Dresden gegen Tagebau Nochten am 14. September
6. Vorankündigung (2): Dorffest für Heimat und Zukunft am 31. Oktober
7. „Alter Horch“ - Gedicht aus "Schattenblick"

1. Wollen die Lausitzer neue Tagebaue? - Anmerkungen zur forsa-Umfrage der IGBCE

Am Montag präsentierte die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie eine von ihr beauftragte forsa-Umfrage, derzufolge eine klare Mehrheit der Lausitzer neue Tagebaue befürworten soll. Die GRÜNE LIGA hat sich näher mit der veröffentlichten Umfrage beschäftigt und eine Kurzstellungnahme verfasst. Dabei zeigt sich erstens, dass die abgefragte Meinung der Bevölkerung bereits zuvor von der Braunkohlenlobby massiv beeinflusst wurde. Zweitens erfolgte die Befragung in wesentlichen Teilen nicht ausgewogen. Dennoch sind drittens einige Umfrageergebnisse kohlekritischer als von der IGBCE in der Öffentlichkeit dargestellt. Die knapp dreiseitige Stellungnahme haben wir hier veröffentlicht:
http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/130829_anmerkungen_forsa-umfrage.pdf
Die Studie löste bereits am Tag ihres Erscheinens viel Widerspruch aus. So verweist etwa der parteilose Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic in einer Pressemitteilung darauf, dass das dargestellte Meinungsbild "weit von der Wirklichkeit entfernt" sei. "Tatsächlich sinkt die Bedeutung der Braunkohlenwirtschaft für Wohlstand und Beschäftigung in der Lausitz ständig. Zudem gefährden Folgewirkungen der Braunkohle langfristig andere Wirtschaftszweige der Region." so Neskovic.

2. Potsdamer Koalition will kein CCS-Verbot

Am heutigen Donnerstag wird ab ca. 14:00 Uhr im Potsdamer Landtag in erster Lesung über das von den Bündnisgrünen und dem linken Abgeordneten Peer Jürgens beantragte CCS-Verbotsgesetz beraten. Inzwischen hat die rot-rote Regierungskoalition einen Entschließungsantrag formuliert, in dem sie ein Gesetz durch eine Art Ehrenwort der Landesregierung ersetzen will. ("Der Landtag spricht sich - mit Ausnahme des Forschungsspeichers in Ketzin - gegen jede Speicherung von CO2 im Land Brandenburg aus und unterstützt die Position der Landesregierung. Die in der Diskussion um ein bundesweites CCS-Gesetz vom Land Brandenburg gemachte politische Zusage wird damit vom Parlament gestärkt und unterstützt.")
Tatsächlich würde jedoch nur ein Gesetz Verbindlichkeit über die Wahl im Herbst 2014 hinaus herstellen. CCS-Verbotsgesetze werden von mehreren Bundesländern vorbereitet, wie wir in diesem Rundbrief mehrfach berichteten. Vertreter der brandenburger Bürgerinitiative gegen CCS wandten sich mit einem offenen Brief an die Fraktion DIE LINKE, die in den Landtagswahlkampf 2009 unter anderem mit dem Plakat "Konsequent gegen CO2-Verpressung" gezogen war.
"Wir möchten Sie mit wohlgemeintem Nachdruck dazu anregen, sich mit dem Gesetzentwurf in den Ausschüssen zu befassen. Laden Sie sich dazu Experten ein, und diskutieren und hinterfragen Sie, anstatt einfach und platt den Vorschlag abzubügeln. Sie wollen doch nicht einen Kotau von der SPD machen, die Ihre Partei anscheinend mit ihrer unsäglichen Pro-Braunkohle-Politik wie an einem Nasenring durch die Manege führen." heißt es in dem Brief.
Der von den Bündnisgrünen beantragte Gesetzentwurf (Drucksache 5/7757) steht hier:
http://www.parldok.brandenburg.de/parladoku/w5/drs/ab_7700/7757.pdf
Der Entschließungsantrag der Koalition (Drucksache 5/7843) hier:
http://www.parldok.brandenburg.de/parladoku/w5/drs/ab_7800/7843.pdf
Der offene Brief steht hier:
http://kohle-protest.de/detail-start/?tx_ttnews[tt_news]=758&tx_ttnews[backPid]=7&cHash=df1a5bea9a

3. Wahlforum der „Klinger Runde“ am 5. September

Am Donnerstag, dem 5. September veranstaltet die „Klinger Runde“ in Abstimmung mit der Gemeinde Schenkendöbern ein Wahlforum mit den Bundestagskandidaten des Wahlkreises 64 (Spree-Neiße und Cottbus). Ihre Teilnahme haben zugesagt; Dr. Peter Schulze (CDU), Ulrich Freese (SPD), Wolfgang Renner (BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN), Birgit Wöllert (DIE LINKE) , Prof. Dr. Martin Neumann (FDP) sowie der unabhängige Kandidat Wolfgang Nešković. Die Bürgerinnen und Bürger werden an diesem Abend die Möglichkeit haben, sich ein Bild von den Kandidaten zu machen und ihre konkreten Fragen zu stellen. Dabei werden die energiepolischen Fragen sowie der anstehende Strukturwandel der Lausitz einen breiten Raum einnehmen.
Die Veranstaltung wird von Pfarrer Mathias Berndt aus Atterwasch moderiert. Zu diesem Wahlforum sind alle Bürgerinnen und Bürger herzlich eingeladen. Auf Grund der überparteilichen Struktur der „Klinger Runde“ wird darauf hingewiesen, dass in der Turnhalle keine Werbung der Parteien/Kandidaten zugelassen ist. Die Veranstaltung beginnt um 19:00 Uhr Turnhalle Groß Gastrose.

4. Abwahl-Referendum im polnischen Brody nur knapp gescheitert

Am Sonntag, den 18.08.2013 waren die 2.775 wahlberechtigten Einwohner der Gemeinde Brody aufgerufen in einem Referendum über Absetzung des Gemeinderates zu entscheiden. Hintergrund ist der Wandel einiger Gemeinderatsmitglieder von Braunkohlegegnern zu Befürworten des Tagebaus Gubin-Brody, die sich nicht mehr an das, den Tagebau ablehnende, Bürgerreferendum aus dem Jahr 2009 gebunden fühlen. Der Streit in dem, nun mehrheitlich kohlefreundlichen, Gemeinderat eskalierte mit der Abwahl der Gemeinderatsvorsitzenden. An der Abstimmung beteiligten sich 701 Wähler und damit war die, für ein gültiges Referendum notwendige Stimmenzahl von 3/5 der Wähler aus Gemeinderatswahl vom September 2010, um 150 Stimmen unterschritten. Dennoch kann es durchaus als Achtungserfolg der Kohlekritiker gewertet werden, dass das Referendum überhaupt durchgeführt wurde. Auch das Abstimmungsverhalten bestätigt die Haltung der Braunkohlegegner. Von den 672 gültigen Stimmen stimmten 92,56 Prozent für die Absetzung des Gemeinderates und nur 50 Wähler (7,44%) stimmten für dessen Beibehaltung.

5. Vorankündigung (1): Protest in Dresden gegen Tagebau Nochten am 14. September

Das Bündnis "Strukturwandel jetzt - kein Nochten II" wird seinen Protest am 14. September in die Landeshauptstadt Dresden tragen. Eine angemeldete Demonstration wird um 11.00 Uhr am Bahnhof Dresden-Neustadt beginnen.
Näheres in Kürze auf
www.strukturwandel-jetzt.de

6. Vorankündigung (2): Dorffest für Heimat und Zukunft am 31. Oktober

Das 2011 ins Leben gerufene Bündnis "Heimat und Zukunft Brandenburg" lädt für den reformationstag 31. Oktober nun schon zum dritten Mal in die Dorfkirche Atterwasch ein. Nach einem Gottesdienst für die Bewahrung der Schöpfung gibt es eine Podiumsrunde mit Betroffenen aus drei deutschen Braunkohlerevieren, die als "Gewissen der Energiewende" aus ihren Erfahrungen berichten werden. Es schließt sich eine Kundgebung an, für das leibliche Wohl und angenehme Gespräche ist wie immer gesorgt. Das vorläufige Programm des Treffens ist im Internet hier veröffentlicht:
http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/heimatzukunft2013.pdf

7. „Alter Horch“ - Gedicht aus "Schattenblick"

Das folgende Gedicht erschien vor wenigen Tagen in der Internetzeitung "Schattenblick". Es könnte beispielsweise von der Abbaggerung des Urwaldes Weißwasser durch den Vattenfall-Tagebau Nochten inspiriert sein, über die Schattenblick bereits berichtete:

Alter Horch

Aus dem morschen Ast der Linde
ragt es wulstig-braun hervor,
stülpt sich über Moos und Rinde:
Alter Horch, das Baumpilzohr.

Reglos lauscht es in die Runde,
hört der Fledermäuse Flug,
hört den Molch am Quellengrunde
und des Waldschrats Flüsterspuk.

Alter Horch kann das vernehmen,
was dem Menschenohr zu leis',
weil es selbst die Urklangschemen
für sich einzufangen weiß

in der ätherfeinen Schicht
jener allerhöchsten Acht,
die als tiefste Weltensicht
alles erst lebendig macht.

So hört Alter Horch die Schritte,
ehe noch die Tat geschieht.
Vorgeplant nach Menschensitte
"Rode, brenne, mach Profit!"

stampfen sie dem Wald entgegen.
Eine Baggerklaue faßt
nach dem Quell, den Waldschratwegen
und dem morschen Lindenast.

Durch das Blattwerk läuft ein Beben,
denn der alte Horch warnt stumm
alle, die im Walde leben -
doch wer kümmert sich darum?

Wer will schon betroffen sein,
sich bereitfinden zum Streit?
Alter Horch setzt alles ein,
Alter Horch, der Stumme, schreit!

***

Heute gibt es von dem Walde
nicht mehr die geringste Spur.
Eine Kohlenabraumhalde
streckt sich über kahle Flur.

In der Nacht bleibt's totenstill,
nur wer hinzuhören weiß,
weil er's wirklich wissen will,
hört den Nachhall eines Schreis ...

© 2013 by Schattenblick
Schattenblick -> INFOPOOL -> DIE BRILLE -> LYRIK ELSE REIMT/054: Alter Horch (SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/d-brille/lyrik/dblr0054.html

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