Rundbrief vom 20. August 2013

1. Land Brandenburg unterstützte Braunkohlewirtschaft mit mehr als 50 Millionen Eurokohlerundbrief 2013 08 20 bild
2. CDU-Kandidat Schulze rudert nach Tagebau-Äußerungen zurück
3. Tagebau Cottbus-Nord: trotz „Ostsee-Fest“ steht Vattenfalls Antrag zu Seeflutung seit Jahren aus
4. Nešković unterschreibt für Zukunft von Proschim
5. Große Anfrage im Brandenburger Landtag zu Bergschäden
6. Vattenfall erkennt Straßenschäden bei Taubendorf nicht als Bergschaden an
7. Grüne Fraktion und Linken-Abgeordneter beantragen CCS-Verbotsgesetz in Brandenburg
8. Monika Schulz-Höpfner mit CCS-Protest in Norwegen
9. Vattenfall-Werbung in Hamburg im Visier der Bundesnetzagentur
10. Zu guter Letzt: Tausende Arbeitsplätze gefährdet - rettet die Berufsmusiker vor dem Tonfilm!

1. Land Brandenburg unterstützte Braunkohlewirtschaft mit mehr als 50 Millionen Euro

In einem Brief an Finanzminister Helmut Markov fordern zwei Mitglieder des brandenburgischen Braunkohlenausschusses Aufklärung über die Unterstützung der Braunkohlenwirtschaft mit öffentlichen Geldern. Die Landesregierung selbst gibt an, dass allein in der Stadt Welzow mehr als 50 Millionen Euro Staatsgelder zur Bewältigung tagebaubedingter Nachteile verwendet wurden.
„Durch den Tagebau entstehende Nachteile hat allein der Verursacher, also das Bergbauunternehmen Vattenfall auszugleichen. Das ist offenbar in Brandenburg noch nicht der Fall. Wir sehen die Landesregierung in der Pflicht, das endlich durchzusetzen.“ sagt Winfried Böhmer, Vertreter der Umweltverbände im Ausschuss. „Wir erwarten, dass die Zusammensetzung der 50 Millionen Euro vollständig offenlegt wird. Dies gilt ebenso für außerhalb von Welzow geflossene Gelder.“
Neben den bereits öffentlich diskutierten Vergünstigungen (z.B. Emissionszertifikate, Wassernutzungsentgelt, Förderabgabe, Befreiung von der EEG-Umlage) und indirekten Folgekosten (z.B. Klimawandel, Gesundheitskosten) sind die Welzow-Millionen ein weiterer Beleg dafür, dass Braunkohle in der Realität kein „preiswerter“ oder „subventionsfreier“ Energieträger ist.
Bei der Durchsetzung des Verursacherprinzips muss gleichzeitig verhindert werden, dass die unfreiwillig von Bergbaufolgen betroffenen Bürger, Unternehmen, Vereine oder Kommunen in der Rolle von Bittstellern bleiben, die vom politischen Wohlwollen des Bergbauunternehmens abhängig sind.
Die Absender haben eine Kopie des Schreibens dem Landesrechnungshof Brandenburg zugeleitet.

Hintergrund:
Im Entwurf für eine Braunkohlenplan Tagebau Welzow-Süd Teilfeld II vom April 2013 heißt es auf Seite 56: „Die Landesregierung hat zur Unterstützung der städtischen Entwicklung am 22. September 2011 eine Koordinierungsgruppe Welzow eingerichtet. Ihr Ziel ist es, das im besonderen Maße vom laufenden und vom geplanten Braunkohletagebau betroffene Welzow in Fragen der Entwicklung der Stadt zu unterstützen. Bisher sind über 50 Mio. Euro aus unterschiedlichen Förderprogrammen im Stadtgebiet von Welzow eingesetzt worden.“
Dieser Text stellt eindeutig dar, dass der wesentliche Grund für die gewährten staatlichen Gelder die besondere Betroffenheit der Stadt durch den Braunkohlentagebau ist. Durch diese Betroffenheit entstehende Nachteile hat jedoch der Verursacher, also das Bergbauunternehmen Vattenfall Europe Mining auszugleichen. Er hat die Lebensqualität in den Orten am Tagebaurand aufrecht zu erhalten und Maßnahmen, die der Akzeptanz des Bergbaus dienen, grundsätzlich selbst zu finanzieren.

2. CDU-Kandidat Schulze rudert nach Tagebau-Äußerungen zurück

Nachdem CDU-Bundestagskandidat Klaus-Peter Schulze zunächst gegenüber dem sorbischen Dachverband Domowina erklärt hatte, er sehe für den Tagebau Jänschwalde-Nord „keinen Bedarf“, ist er nun in einer Erklärung zurückgerudert.
Bei einem Gespräch Schulzes mit sorbischen Vertretern am 1. August hatte er die Wahlprüfsteine des Dachverbandes Domowina zum Thema Braunkohle folgendermaßen beantwortet:
Frage der Domowina: „Welche Position vertreten Sie hinsichtlich der Thematik Umsiedlung sorbischer/wendischer Dörfer für den Braunkohlebergbau (ggf. Änderung des Bundesbergrechts)?“
Antwort Schulze (Mitschrift der Domowina): „Die Versorgung der Kraftwerke Boxberg und Schwarze Pumpe mit Kohle muss gesichert sein. Für Jänschwalde-Nord besteht hingegen kein Bedarf. Im Hinblick auf die politischen Verhältnisse sieht er kaum Möglichkeiten, das Bundesbergrecht zu ändern.“
Die GRÜNE LIGA und das Netzerk „Klinger Runde“ hatten die Äußerungen öffentlich begrüßt und zu praktischen Konsequenzen aufgefordert. „Wir begrüßen es, dass der Spremberger Bürgermeister als Gründungsmitglied des Pro-Braunkohle-Vereins die Umsiedlung von Grabko, Kerkwitz und Atterwasch als nicht erforderlich ansieht. Wir hoffen, dass Herr Schulze nun Taten folgen lässt, denn ohne Bedarf ist die weitere Tagebauplanung Jänschwalde-Nord für die Betroffenen unzumutbar.“ sagte Thomas Burchardt, Sprecher der Klinger Runde in einer Pressemitteilung vom 15. August.
Am 17. August widersprach Schulze in einer Erklärung "mit aller Deutlichkeit" seiner früheren Aussage. Richtig sei, "dass ein Tagebau Jänschwalde-Nord nur dann eine Planrechtfertigung hat, wenn am Standort Jänschwalde in neue Kraftwerksblöcke investiert wird. Im Übrigen entspricht die Forderung in neue Investitionen in die Kraftwerkstechnik am Standort Jänschwalde der Energiestrategie des Landes Brandenburg."
Mit dieser Erklärung bezieht Schulze allerdings keinerlei eigene Position, sondern versteckt sich hinter Entscheidungen eines möglichen Investors zum Kraftwerksneubau und (wohlgemerkt als CDU-Kandidat) der rot-roten Landesregierung zur Energiestrategie.

3. Tagebau Cottbus-Nord: trotz „Ostsee-Fest“ steht Vattenfalls Antrag zu Seeflutung seit Jahren aus

Die GRÜNE LIGA fordert eine Erklärung für das Fehlen eines Antrags zur Herstellung des sogenannten „Cottbuser Ostsees“ durch den Tagebaubetreiber Vattenfall. Der Verband wendet sich in einem entsprechenden Schreiben an das zuständige Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR). Mit einem von Vattenfall unterstützten „Ostsee-Fest“ sollten derweil am Sonntag Bewohner von Cottbus das Restloch des Braunkohlentagebaues Cottbus-Nord bereits als künftigen See feiern.
„Der Tagebau läuft in zwei Jahren aus, aber die Herstellung des Sees ist noch nicht einmal beantragt. Vattenfall hat offenbar massive Probleme bei der Erstellung der Antragsunterlagen, die seit mindestens drei Jahren überfällig sind. Das Unternehmen beherrscht den Wasserhaushalt der Bergbaufolgelandschaft vermutlich weit weniger als es behauptet. Das „Ostsee-Fest“ ist unter diesen Umständen eine makabere Show.“ sagt René Schuster, Mitglied des Braunkohlenausschusses des Landes Brandenburg.
Auf dem Papier läuft bereits seit elf Jahren ein Planfeststellungsverfahren zur Herstellung des Tagebausees. Doch schon 2002 wurde die Beseitigung der ökologisch besonders wertvollen Lacomaer Teiche als „Teilvorhaben 1“ von der Schaffung des Sees abgetrennt und 2006 genehmigt. Forderungen nach einer Gesamtbetrachtung aller Umweltfolgen wies Vattenfall damals mit der Ankündigung zurück, bis spätestens 2010 die Antragsunterlagen zur Flutung des Sees als „Teilvorhaben 2“ einzureichen. Während der Tagebau 2015 planmäßig ausgekohlt sein wird, ist jedoch im August 2013 noch immer kein Antrag von Vattenfall bekannt.
Die GRÜNE LIGA bittet das LBGR um Auskunft, von welchem Zeitplan die Behörde hinsichtlich Öffentlichkeitsbeteiligung, Genehmigung und Flutungsbeginn angesichts dieser Verzögerungen derzeit ausgeht.
Der „Cottbuser Ostsee“ soll aus dem Restloch des Braunkohlentagebaues Cottbus-Nord entstehen. Es wäre der erste See, der in Verantwortung des privaten Tagebaubetreibers Vattenfall entstehen würde. Die bisher entstandenen Lausitzer Tagebauseen sind Folgen des DDR-Bergbaus und werden von der bundeseigenen LMBV verantwortet. Dabei gibt es immer wieder Probleme mit der Wasserqualität. Folgende Ankündigungen zum fehlenden Vattenfall-Antrag lassen sich klar belegen:
Ingolf Arnold, Vattenfall im Erörterungstermin zu Beseitigung der Lacomaer Teiche 29. Juni - 1. Juli 2004 laut Niederschrift des Landesamtes für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR): „Wir werden noch in diesem Jahrzehnt das Teilvorhaben 2 beantragen, so dass wir rechtzeitig die Genehmigung haben (...) so dass unser Ziel schon besteht, nach etwa 3 Jahren, nach Ende der letzten Kohleförderung, mit der Flutung zu beginnen.“
Auflage XII.2 im Planfeststellungsbeschluss zum Teilvorhaben 1 vom 18.12.2006:
„Der Antrag auf Planfeststellung für das Teilvorhaben 2 ist rechtzeitig bei der zuständigen Behörde einzureichen.“
Präsentation des LBGR auf der 100. Sitzung des Arbeitskreises Tagebau Cottbus-Nord des Braunkohlenausschusses am 5.11.2009:
„Voraussichtlicher weiterer Zeitplan: (...) Antragseinreichung beim LBGR im I. Quartal 2012 (...) Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2013 (2014)“
Der Wortlaut des Schreibens an das LBGR steht hier im Internet:
http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/130815_lbgr_ostsee.pdf

4. Nešković unterschreibt für Zukunft von Proschim

Der parteilose Bundestagsabgeordnete und Bundesrichter a.D. Wolfgang Nešković besuchte am Sonntag das Dorffest in Proschim und unterzeichnete dort eine Einwendung gegen den Tagebau Welzow II. "Mein Besuch beim Dorffest hat mir wieder einmal gezeigt, dass Proschim ein wunderschönes Dorf mit sympathischen Bewohnern ist. Solche Orte braucht Brandenburg. Den Menschen in Proschim darf nicht ihre Heimat geraubt werden." so Nešković, der zudem auf die fehlende energiepolitische Notwendigkeit der Abbaggerung verweist.
Einwendungslisten können nach wie vor hier heruntergeladen und bis zum 14. September an uns eingesandt werden:
www.kein-weiteres-dorf.de

5. Große Anfrage im Brandenburger Landtag zu Bergschäden

Die brandenburgische Landesregierung hat eine Große Anfrage der Fraktion Bündnis90/Grüne des Landtages zum Umgang mit Bergschäden beantwortet. Große Anfragen werden auch im Plenum des Landtages beraten, das könnte in der Sitzung am 25./26. September der Fall sein. Die Antwort mit der Drucksachennummer 5-7796 ist im Internet hier zu finden.
http://www.parldok.brandenburg.de/parladoku/w5/drs/ab_7700/7796.pdf

6. Vattenfall erkennt Straßenschäden bei Taubendorf nicht als Bergschaden an

Der Radweg zwischen Taubendorf und Kerkwitz befindet sich seit einigen Jahren im Grundwasser-Absenkungstrichter des Tagebaues Jänschwalde. Etwa genauso lange gibt es Probleme mit Rissen in der Straßendecke. Aktuell hat sich ein 22 m langer und 90 cm tiefer Riss aufgetan. Vattenfall verweigert jedoch die Anerkennung als Berschaden, wie die Gubener Lokalseite der Lausitzer Rundschau berichtete:
http://www.lr-online.de/regionen/guben/Strassenschaden-sorgt-fuer-Streit-zwischen-Schenkendoebern-und-Vattenfall;art1051,4298726

7. Grüne Fraktion und Linken-Abgeordneter beantragen CCS-Verbotsgesetz in Brandenburg

Das bundesweite Gesetz zur Kohlendioxidverpressung (CCS) erlaubt es den Bundesländern, CCS für ihre Landesflächen gesetzlich auszuschließen. Ein solches CCS-Verbotsgesetz bringen die brandenburger Grünen nun in den Landtag ein. Ungewöhnlich ist dabei, dass MdL Peer Jürgens als Mitglied der linken (Regierungs-)Fraktion den Antrag mit einreicht. Die Koalition wird das Gesetz dennoch voraussichtlich ablehnen und versucht, es für überflüssig zu erklären. Der Entwurf für das "Gesetz zur Regelung der Kohlendioxid-Speicherung in Brandenburg" (Drucksachennummer 5-7757) begründet für die einzelnen regionalen Planungsgemeinschaften des Landes nach planerischen Kriterien den Verzicht auf unterirdische CO2-Verpressung. Er ist hier im Internet verfügbar:
http://www.parldok.brandenburg.de/parladoku/w5/drs/ab_7700/7757.pdf

8. Monika Schulz-Höpfner mit CCS-Protest in Norwegen

kohlerundbrief 2013 08 20 bildDie CDU-Landtagsabgeordnete Monika Schulz-Höpfner aus Atterwasch gibt "auch im Urlaub keine Ruhe": Am Wasserkraftwerk Eidsdal in Norwegen hängte sie ein Protestplakat gegen die unterirdische Verpressung von Kohlendioxid aus Braunkohlekraftwerken auf. „Ich bin ganz schnell mit Norwegern ins Gespräch gekommen, die wissen wollten wogegen wir Deutsche hier in Norwegen protestieren. Ich bin auf viel Interesse und auch auf Kopfschütteln getroffen. Vielen Norwegern sind weder die Dimensionen des Braunkohlenabbaus in Deutschland noch die Pläne Kohlendioxid in norwegischen Gewässern zu verpressen, bekannt.“ sagt die Abgeordnete.

9. Vattenfall-Werbung in Hamburg im Visier der Bundesnetzagentur

Im Kampf um das Stromnetz in Hamburg hat Vattenfall mit umfangreichen Beilagen in "Bild" und "Welt" die Bundesnetzagentur verärgert, da offensive Werbung durch Netzbetreiber und die inhaltliche Vermischung mit dem Betrieb von Kraftwerken nicht zulässig ist. Näheres hat Spiegel Online am 16. August in folgendem Artikel veröffentlicht:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/a-916951.html

10. Zu guter Letzt: Tausende Arbeitsplätze gefährdet - rettet die Berufsmusiker vor dem Tonfilm!

Vielen Dank für die Zusendung der beiliegenden Aufrufes des Deutschen Musiker-Verbandes. Obwohl er einige Jahrzehnte auf dem Buckel hat, erinnert er uns doch irgendwie an aktuelle Kampagnen zur „nicht ersetzbaren“ Braunkohle in der Lausitz. Ob Arbeitsplatzzahlen auch damals schon kreativ aufgerundet wurden, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Sicher wissen wir dagegen, dass dieser Aufruf die Entwicklung nicht aufgehalten hat.

kohlerundbrief 2013 08 20 berufsmusiker

Termine

Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Wir beim Umweltfestival in Berlin
28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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