Rundbrief vom 23. Mai 2013

1. Braunkohlenausschuss beschließt zweite Anhörung zu Tagebau Welzow II
2. Angst vor Prof. von Hirschhausen - Rederecht verweigert
3. "Erdmann-Studie" - manipuliert und ideologisch gefärbt
4. Sozialistische Planerfüllung: Pro-Kohle-Demo erreicht nicht die geplante Teilnehmerzahl - und verkündet sie einfach trotzdem
5. Stimmungsmache in der "Lausitzer Rundschau"
6. Neue Ausgabe von "Nochten heute" erschienen
7. "Hammer des Monats" für Martina Gregor-Ness (SPD)
8. Berliner Energietisch: Volksbegehren im Endspurt
9. "Luise gegen Vattenfall" - in der Süddeutschen

1. Braunkohlenausschuss beschließt zweite Anhörung zu Tagebau Welzow II

Am Donnerstag gab der brandenburgische Braunkohlenausschuss seine Zustimmung zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung zum Tagebau Welzow-Süd Teilfeld II. Der nur in Details veränderte zweite Planentwurf wird demnach von 20. Juni bis 17. September öffentlich ausgelegt. Im ersten Beteiligungsverfahren 2011 hatten sich etwa 5000 Einwender gegen das Vorhaben gewandt. Wegen verschiedener Mängel war der Planentwurf daraufhin zurückgezogen und überarbeitet worden. Der Beschluss zur Neuauslegung fiel im Ausschuss mit 12 Ja- und 7 Neinstimmen bei einer Enthaltung, da mehrere Mitglieder des Ausschusses gefordert hatten, das Planverfahren gänzlich zu stoppen. Auch wenn das keine Mehrheit fand: Der Ausschuss hat nicht den Braunkohlenplan beschlossen, sondern der erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung zugestimmt. (So mancher Journalist kann oder will das scheinbar nicht unterscheiden.) Auf Initiative der evangelischen Kirche wurde dabei eine Verlängerung des Auslegungszeitraumes bis zum 17. September durchgesetzt. Ursprünglich wollte die Planungsbehörde die Auslegung nur bis Ende August und damit fast vollständig in der Sommerpause durchführen.
Vor Beginn der Sitzung hatten vom Tagebau Betroffene gemeinsam mit Umweltorganisationen vor der Tür des Tagungshauses demonstriert. Sie standen dabei einer Kundgebung der Bergbaugewerkschaft gegenüber.

2. Angst vor Prof. von Hirschhausen - Rederecht verweigert

Großen Raum nahm im Braunkohlenausschuss die Diskussion über die energiepolitische Notwendigkeit des Tagebaues Welzow II ein. Sechs Mitglieder des Ausschusses hatten dazu im Vorfeld Rederecht für Prof. von Hirschhausen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung beantragt. Er hatte im Auftrag des brandenburgischen Umweltministeriums die Notwendigkeit des neuen Tagebaues untersucht und verneint. Der Vorstand des Braunkohlenausschusses (Werner Schaaf von der SPD Cottbus, Frank Schneider von der SPD-Fraktion Spree-Neiße und Volker Krengel vom Unternehmerverband) sowie die Landesplanungsbehörde wehrten sich vehement gegen das Rederecht für den aus Berlin angereisten Professor und brachten schließlich eine Mehrheit des Ausschusses hinter sich. Darauf waren die Antragsteller jedoch vorbereitet und teilten eine vierseitige schriftliche Stellungnahme des DIW an die stimmberechtigten Mitglieder aus.

3. "Erdmann-Studie" - manipuliert und ideologisch gefärbt

Der Entwurf des Braunkohlenplanes Welzow II stützt seine energiepolitische Bewertung auf eine vom Potsdamer Wirtschaftsministerium beauftragte Studie von Prof. Georg Erdmann. Deren Inhalte vertraten auch die Minister Vogelsänger (Landesplanung) und Christoffers (Wirtschaft) vor dem Braunkohlenausschuss. Dass dieses Gutachten bereits bei der Aufgabenstellung manipuliert und auch aus anderen Gründen höchst zweifelhaft ist, stellte René Schuster (GRÜNE LIGA) in seinem Redebeitrag dar, den wir auf unserer Internetseite veröffentlicht haben:
http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/130523_redebeitrag_erdmann-studie.pdf

4. Sozialistische Planerfüllung: Pro-Kohle-Demo erreicht nicht die geplante Teilnehmerzahl - und verkündet sie einfach trotzdem

Unter dem Titel "Deine Stimme fürs Revier" hat die Gewerkschaft IGBCE am Mittwoch an der Cottbuser Oberkirche für weiteren Braunkohleabbau demonstriert. Im Vorfeld hat sie angekündigt etwa 5000 Teilnehmer zu erwarten. Postwurfsendungen in alle Haushalte, Anzeigenwerbung und Plakate waren nicht zu übersehen. Die gecharterten Busse rollten auch aus allen Teilen der Lausitz an, viele jedoch nur teilweise gefüllt. Wir haben uns erlaubt, während der Reden von Minister Woidke und Gewerkschaftsfunktionär Freese von hinten nach vorn durch die Menge zu gehen und nachzuzählen. (Der hintere Teil des Platzes konnte in Zehnerschritten, die Menschen vor der Bühne nur in Hunderterschritten geschätzt werden.) Ergebnis: zwischen 2000 und 2500. Bei dieser Schwankungsbreite ist auch egal, dass einzelne Kohlekritiker aus Interesse ebenfalls zugehört haben. Fest steht: es nahmen etwa halb so viele Menschen teil wie leichtsinnig vorher angekündigt. Was die IGBCE und befreundete Medien nicht davon abhielt, die gewünschte Zahl ganz im Stil sozialistischer Wahlergebnisse einfach trotzdem zu verbreiten.

5. Stimmungsmache in der "Lausitzer Rundschau"

Am Tag der Pro-Kohle-Demo tauchte auf der Internetseite der Lausitzer Rundschau die folgende online-Umfrage zur Braunkohleproblematik auf:
"Sind Sie für oder gegen die Abbagerung von Braunkohle in der Lausitz?
- Ja ich bin für den weiteren Abbau von Braunkohle in der Lausitz
- Nein ich bin gegen den weiteren Abbau von Braunkohle in der Lausitz"
Man muß nicht Soziologe sein, um zu erkennen, dass diese Frage höchst manipulativ gestellt ist: Ein schrittweiser Ausstieg bei Auskohlung der genehmigten Felder, wie er von den meisten Kohlekritikern gefordert wird, kommt als Option gar nicht vor. So lehnt praktisch niemand den weiteren Abbau in Welzow-Süd Teilfeld I ab, wo zudem deutlich mehr Kohle liegt als im umstrittenen Teilfeld II. Wie soll man also antworten?
Falls der Stil dieses journalistisches Armutszeugnisses manchem von früher bekannt vorkommt, helfen wir gerne nach: "Bist Du für oder gegen den Sozialismus?"
Doch damit nicht genug: Da sich natürlich ein Ergebnis für die Braunkohle ergab, wurde es zu Beginn der Gewerkschaftsdemonstration verkündet und mit Jubel bedacht. Davon wiederum berichtete die Rundschau-Reporterin Simone Wendler genüsslich am nächsten Tag in ihrem Artikel über die Demonstration. Botschaft: Die Region ist für die Kohle. Unser Urteil fällt eindeutig aus: tendenziöse Stimmungsmache statt ernstzunehmender Journalismus.

6. Neue Ausgabe von "Nochten heute" erschienen

Das Informationsheft des Bündnisses "Strukturwandel jetzt - kein Nochten II" ist in einer zweiten Ausgabe erschienen. Das Heft enthält ein Interview mit Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen sowie einen Hintergrundartikel über die in den letzten 5 Jahren in der Gemeinde Schleife durchgeführten Bürgerbefragungen. In der Öffentlichkeit wird stets suggeriert, dass die Ergebnisse dieser Befragungen die Umsiedlungsbereitschaft der Mehrheit der Tagebaubetroffenen zeigen. Ist das so? "Nochten heute" fragt nach und steht im Internet zum download bereit:
http://www.strukturwandel-jetzt.de/de/nochten-heute

7. "Hammer des Monats" für Martina Gregor-Ness (SPD)

Die Zeitschrift "Natur" hat in ihrer neuesten Ausgabe den "Hammer des Monats" an Martina Gregor-Ness verliehen, die umweltpolitische Sprecherin der brandenburgischen SPD-Landtagsfraktion. Die Zeitschrift "würdigt" damit die Äußerungen der Politikerin, die Medien mögen nicht so dramatische Bilder über die Verockerung der Spree verbreiten. Gregor-Ness ist gleichzeitig Mitglied des Aufsichtsrates der Vattenfall Europe Minung & Generation AG.

8. Berliner Energietisch: Volksbegehren im Endspurt

Der Berliner Energietisch will mit einem Volksbegehren erreichen, dass das bisher zum Kohlekonzern Vattenfall gehörende Stromnetz rekommunalisiert und ein Öko-Stadtwerk gegründet wird. Bis Donnerstag abend waren laut seiner Webseite 115.798 Unterschriften gesammelt. Sind bis zum 10. Juni 200.000 Unterschriften zusammen, kommt es zum Volksentscheid:
www.berliner-energietisch.net

9. "Luise gegen Vattenfall" - in der Süddeutschen

Auch die Süddeutsche Zeitung stellte dieser Tage das Berliner Volksbegehren für die Rekommunalisierung der Energienetze vor:
http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/571572/Luise-gegen-Vattenfall

Termine

Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
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28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
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Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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