Rundbrief vom 06. August 2014

1. Klimacamp in Kerkwitz – das aktualisierte ProgrammKohlerundbrief 2014 08 06 Bild1
2. Probemenschenkette in Berlin am 8. August
3. Berliner Senat könnte Tagebau Welzow-Süd II noch verhindern
4. Vattenfall spart weiter – auch beim Personal
5. Proteste gegen nächtlichen Tagebaulärm und Sandsturm in Welzow
6. Lausitzer Bürgerinitiativen vor Parteitag der Linken in Cottbus
7. Umweltbundesamt kritisiert Tagebauplan
8. Wir trauern um Birgit Felinks

1. Klimacamp in Kerkwitz – das aktualisierte Programm

Vom 17. bis 24. August findet in Kerkwitz das vierte Lausitzer Klima- und Energiecamp statt. Das Programm umfasst Workshops, Exkursionen, Podiumsgespräche und Kulturveranstaltungen. Es beginnt mit einem Auftaktfest am Sonntag, dem 17. August ab 14 Uhr. Zum Kulturprogramm gehört auch ein erneutes Gastspiel des „Theaters am Rand“ mit dem Volker-Braun-Stück „Machwerk oder Das Schichtbuch des Flick von Lauchhammer“ am Abend des 20. August. Höhepunkt des Camps wird die Menschenkette von Kerkwitz nach Grabice am 23. August sein, bei der jeder Lausitzer Kohlekritiker unbedingt dabei sein sollte. Das vollständige Programm des Camps ist hier veröffentlicht:
http://www.lausitzcamp.info/lausitzcamp-2014-infos/programm/

2. Probemenschenkette in Berlin am 8. August

Berliner Umweltgruppen wollen am 8. August 2014 mit einer Probemenschenkette vom Lausitzer Platz zur Warschauer Straße gegen neue Braunkohletagebaue in der Lausitz und in Polen demonstrieren. Die Aktion soll für die internationale Anti-Kohle-Kette am 23. August von Kerkwitz nach Grabice werben. Der Atom- und Kohlekonzern Vattenfall ist Grundversorger für den Strom in Berlin und betreibt dort die Steinkohlekraftwerke Moabit und Reuter sowie das Braunkohlekraftwerk Berlin-Klingenberg. Treffpunkt zur Probemenschenkette ist 16.00 Uhr am Lausitzer Platz (U-Bahnhof Görlitzer Straße).

3. Berliner Senat könnte Tagebau Welzow-Süd II noch verhindern

Rechtsanwalt Dirk Tessmer hat in einem Rechtsgutachten die Einflussmöglichkeiten des Berliner Senats auf Braunkohlenplanverfahren in Brandenburg geprüft. Die Bürgerinitiative Bürgerbegehren Klimaschutz (BBK) und der Berliner Landesverband des BUND haben das Gutachten in Auftrag gegeben und Anfang Juli der Öffentlichkeit vorgestellt. Da Berlin und Brandenburg seit 1996 eine gemeinsame Landesplanung betreiben, kommt Tessmer zu dem Schluss, dass der Berliner Senat den Brandenburger Kabinettsbeschluss zum Braunkohlenplan Welzow-Süd II durch Einberufung der gemeinsamen Landesplanungskonferenz beider Länder hätte verhindern können. Das ist auch heute noch möglich, da der Braunkohlenplan Welzow-Süd II noch nicht in Kraft getreten ist.
Bis zur formellen Veröffentlichung des Plans sind voraussichtlich noch mehrere Monate Zeit. Denn der geplante Tagebau würde über die sächsische Grenze reichen, es wurde deshalb parallel ein Planverfahren in Sachsen durchgeführt, wo aber noch der Beschluss der Regionalversammlung und die Genehmigung durch das Innenministerium ausstehen.

4. Vattenfall spart weiter – auch beim Personal

Am 23. Juli verkündete Vattenfall bei der Bilanzpressekonferenz in Stockholm die Ergebnisse des ersten Halbjahres. Das wirtschaftlicher Ergebnis wird vom Überangebot auf dem Strommarkt und dem Abriss deutscher Kernkraftwerke belastet. Der Konzern machte so im zweiten Quartal sogar vorübergehend Verluste. „Leider bleibt die Nachfrage weiterhin gering und wir haben Überkapazitäten am Markt“ zitiert die Märkische Oderzeitung (MOZ) vom 24. Juli Vorstandschef Loeseth. Allein innerhalb des letzten Jahres seien fast 2000 Stellen abgebaut worden um die Kosten zu senken.

5. Proteste gegen nächtlichen Tagebaulärm und Sandsturm in Welzow

Im Juli häuften sich Beschwerden über nächtliche Lärmbelästigung aus dem Tagebau Welzow-Süd. Die Tagebaugeräte arbeiteten sonntags und nachts ohne Rücksicht auf die Anwohner. Eine Bürgerin von Neupetershain schreibt in ihrer Beschwerde an die Bergbehörde: „Der Dauerlärm ist heute wieder durch die geschlossenen Fenster so laut zu hören, dass sogar der Fernseher übertönt wird. Wenn ich nicht wüsste, dass in unmittelbarer Nähe die acht oder neun Tagebaugroßgeräte arbeiten, könnte man annehmen, dass in der Nähe Kriegshandlungen statt finden. Die gemessenen Werte liegen heute um 1.07 Uhr bei 62,6 dBA in 900 m Entfernung.“ Vor Beschluss des Braunkohlenplanes hatte der zuständige Vattenfall-Vertreter im März 2014 den Welzowern versprochen, nächtliche Ruhezeiten von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr einzuhalten. Nachdem die Landesregierung Welzow Süd II im Juni absegnete, begann wieder die nächtliche Lärmbelastung, berichten Anwohner. Zudem traf am am 23. Juli ein heftiger Sandsturm aus dem benachbarten Tagebau die Stadt Welzow mit voller Wucht. Über die gesamte Stadt legte sich ein Schicht aus Sand, Staub und Dreck. „Es kribbelt in den Augen, es knirscht zwischen Zähnen! Ich brauch den Sch.... echt nicht!“ schrieb eine Welzowerin im sozialen Netzwerk Facebook und stellte ein Video des Sandsturms online. „So heftig war es schon lange nicht mehr“, sagte die Stadtverordnete Hannelore Wodtke (parteilos). Besorgte Anwohner verlangten von den Stadtverordneten, die Unterbrechung der Arbeiten im benachbarten Tagebau anzuordnen. „Als gewählte Vertreterin kann ich nur einen Appell an Vattenfall richten“, erklärte Wodtke. Noch während des Sturmes machte sie sich am Tagebaurand ein Bild von der Lage: „Die Sprinkleranlagen im Tagebau haben gar nichts gebracht. Der Sand fegte einfach über die Wasserfontänen hinweg“. Auch aus dem Tagebau Jänschwalde hatte erst Anfang Juli ein Sandsturm die ihn umgebenden Orte frontal getroffen. Das Landesbergamt LBGR kündigte inzwischen in einem Schreiben an die Vorsitzende des Welzower Umweltausschusses Überprüfungen der Ereignisse und weitere Maßnahmen gegen die Lärmbelastung an. Trotz Zusagen von Vattenfall auf die Einhaltung der Nachtruhe zu achten, kam es in den Nächten um den 20. Juli 2014 erneut zu erheblicher Lärmbelastung aus dem Tagebau. „Die vagen Ankündigungen der zuständigen Überwachungsbehörde sind nicht zufriedenstellend“ resümiert die Umweltausschussvorsitzende Wodtke. Vertreter des Landesbergamts werden nun zur nächsten Sitzung des Umweltausschusses am 27. August in das Welzower Rathaus eingeladen.

6. Lausitzer Bürgerinitiativen vor Parteitag der Linken in Cottbus

Vor dem Parteitag der Linken Brandenburg am 5. Juli in Cottbus empfingen Vertreter von Kohlerundbrief 2014 08 06 Bild1Lausitzer Bürgerinitiativen die Delegierten mit einer Mahnwache vor dem Tagungsort.
„Wir werden die Brandenburger Linke nicht an ihren Worten, sondern an ihren Taten messen. Beim Thema Braunkohle klafft zwischen den Aussagen in Wahl- und Parteiprogrammen und dem Handeln der Minister und Abgeordneten eine riesige Lücke.“ sagt Jürgen Handreck, Orts-bürgermeister von Taubendorf. „Seit 2011 will kein Investor mehr ein neues Kraftwerk in Jänschwalde bauen. Bis heute arbeitet die rot-rote Regierung aber weiter an Plänen zur Abbaggerung von Grabko, Kerkwitz und Atterwasch für ein solches Kraftwerk. Mein Heimatort Taubendorf soll dabei vom Tagebau eingekesselt werden. Die Lausitz braucht eine Einstellung des Planverfahrens ohne Wenn und Aber. Wirtschaftsminister Christoffers ist die Antwort auf unsere schriftlich dazu gestellten Fragen schuldig geblieben.“

„Wir Proschimer Bürger fühlen uns von der Linken verraten, die 2008 mit uns gemeinsam eine Volksinitiative gegen neue Tagebaue in den Landtag gebracht, und nun einen Plan zur Abbaggerung unseres Dorfes im Kabinett mitbeschlossen hat.“ sagt Erhard Lehmann aus Proschim. Lehmann war 2008 Ortsbürgermeister und einer von fünf Vertrauensleuten der Volksinitiative „Keine neuen Tagebaue – für eine zukunftsfähige Energiepolitik“ – gemeinsam mit dem damaligen linken Landesvorsitzenden Thomas Nord. Der Hintergrund: Am 3. Juni stimmten die vier Minister der Linken im Potsdamer Kabinett dem Braunkohlenplan Tagebau Welzow-Süd Teilfeld II und damit der Abbaggerung des Dorfes Proschim zu. Grundlage des Planbeschlusses ist eine Beurteilung der angeblichen energiepolitischen Notwendigkeit des Tagebaues durch das Wirtschaftsministerium unter Ralf Christoffers (Linke). Diese geht von Braunkohleverstromung in der Lausitz bis mindestens zum Jahr 2067 aus und widerruft die erst 2012 einstimmig im Kabinett beschlossenen Klimaschutzziele des Landes Brandenburg. Das Planverfahren zum Tagebau Jänschwalde-Nord bedroht die Dörfer Atterwasch, Kerkwitz und Grabko mit Zwangsumsiedlung. Es wurde 2008 zur Versorgung eines Neubaukraftwerkes mit CO2-Abscheidung am Standort Jänschwalde eingeleitet. Im Dezember 2011 gab der Vattenfall-Konzern den Plan für ein CCS-Demonstrationskraftwerk auf. Ein Neubaukraftwerk ohne CCS schießt der Konzern ebenso aus, wie die Energiestrategie der Landesregierung. Damit ist jede Legitimation für das Planverfahren entfallen. Die Landesregierung will die Notwendigkeit des Tagebaues dennoch erst zu einem späteren Zeitpunkt klären. Woran das Wirtschaftsministerium unter Ralf Christoffers diese Notwendigkeit messen will, hält es aber vor den Betroffenen geheim. Bürgerinitiativen hatten dem Minister im Februar 2014 elf konkrete Fragen übermittelt. Das Ministerium übermittelte daraufhin lediglich einen für den Landtag erstellten Bericht, der keine Antwort zu den gestellten Fragen enthält. Eine sogenannte „Protokollerklärung“ der vier linken Minister zu diesem Thema aus der Kabinettssitzung vom 3. Juni hat keinerlei rechtliche Wirkung. Am 18. September 2007 hatten die Brandenburgische Landesregierung und Vattenfall in einer Pressekonferenz zudem angekündigt, um das Jahr 2015 auch Braunkohlenplanverfahren für die Tagebaue Bagenz-Ost und Spremberg-Ost einzuleiten. Diese Ankündigung hat auch die rot-rote Landesregierung nie zurückgenommen. Selbst bei Verschiebung um mehrere Jahre fiele die Eröffnung der Verfahren noch in die Legislaturperiode 2014-2019, für die in diesem Herbst der Landtag gewählt wird. (Pressemitteilung vom 5. Juli)

7. Umweltbundesamt kritisiert Tagebauplan

Die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, hält das Teilfeld II des Braunkohlentagebaus Welzow-Süd bei Cottbus für einen "völlig falschen Weg". Dass einige Bundesländer weiter auf Braunkohle setzen, sei umweltpolitisch und volkswirtschaftlich unsinnig, sagte Krautzberger der "Berliner Zeitung". "Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssen wir das Angebot fossiler Energien senken, auf die Erneuerbaren setzen und die Energieeffizienz deutlich steigern."

7. Der Märchensee ist trockengelegt

Am 29. Juli wurde der Märchensee im Vorfeld des Tagebaues Nochten endgültig abgelassen, wie Anwohner des Tagebaues uns mitteilten. Der See war Teil des ehemaligen Jagdparkes des Fürsten Pückler. Nur wegen der geplanten Braunkohlenförderung wurde er nicht Teil des Weltkulturerbes Muskauer Park.

8. Wir trauern um Birgit Felinks

Wie wir leider erst jetzt erfahren haben, erlag am 6. Mai diesen Jahres Prof. Dr. Birgit Felinks einer schweren Krankheit. Birgit Felinks wirkte in ihrer Doktorandenzeit an der Cottbuser Universität in den 1990er Jahren aktiv im Facharbeitskreis Braunkohle der Grünen Liga mit.

Der Rundbrief als pdf (4 S., 266 kB)

Termine

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Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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