Rundbrief vom 13. Januar 2013

1. Sechster Sternmarsch mit Besucherrekord
2. Studie der LMBV: Eisen-Belastungen noch mindestens 100 Jahre
3. Spremberg: Drei Abende Erinnerung an gesprengte Kirchen
4. Die Logik der Kohlefreunde (Kommentar)
5. Künstlerin spendet Preisgeld dem Braunkohlewiderstand
6. Bericht von der Nochten-Erörterung
7. Filmbericht über das Treffen des Bündnisses „Heimat und Zukunft“
8. Mitteldeutsches Revier: weggerutschter Bagger soll geborgen werden
9. Zum Abschluss: Ein Zitat aus Schweden

1. Sechster Sternmarsch mit Besucherrekord

Am ersten Sonntag des Jahres hatten auch 2013 die Ortsvorsteher der vom Tagebau Jänschwalde-Nord bedrohten Dörfer zum Sternmarsch geladen – inzwischen zum sechsten Mal. Der erste Sternmarsch hatte im Januar 2008 stattgefunden, nachdem die wortbrüchige Landesregierung öffentlich die Absicht verkündet hatte, den Tagebau Jänschwalde-Nord aufzuschließen.
In diesem Jahr waren die Bedingungen nicht einfach: die vier Züge aus Grabko, Kerkwitz, Atterwasch und Taubendorf/Gastrose setzten sich bei Dauerregen in Bewegung. Aber als alle auf der Wiese am „Alten Schafstall angekommen waren, war die Sensation perfekt: Mit 800 Teilnehmern war die Zahl trotz Regen ein weiteres Mal gestiegen! Viele Lausitzer waren zum ersten Mal oder seit langem wieder dabei, sie kamen etwa aus Jänschwalde, Cottbus, Maust, Neustadt oder Sallgast.
Beeindruckend war vor allem der Redebeitrag von Bernd Siegert, dem Ortsvorsteher von Horno. Trotz der schmerzlichen Erfahrung der Niederlage des Hornoer Widerstandes machte er den bedrohten Dörfern Mut. Heute sind die Chancen einen Tagebau zu verhindern rechtlich und energiepolitisch ungleich besser als beim Kampf um Horno.
Überwältigend am Ende auch die Presseresonanz: Das RBB-Fernsehen berichtete und befragte zusätzlich Prof. Hirschhausen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Die große schwedische Zeitung „dagens nyheter“ berichtete noch am selben Nachmittag, ebenso zahlreiche bundesweite Medien. Wir danken allen für ihr Kommen, die zu diesem erfolgreichen Jahresauftakt beigetragen haben.

2. Studie der LMBV: Eisen-Belastungen noch mindestens 100 Jahre

Am 8. Januar wurde in Spremberg bei einer Bürgerversammlung eine neue im Auftrag der LMBV erstellte Studie zu Stoffeinträgen aus Bergbaukippen in die Fließgewässer vorgestellt. Es war bereits das dritte Spremberger Bürgerforum zur „braunen Spree“. Diese Belastung strömt aus dem Bereich um die ehemaligen Tagebaue Lohsa und Burghammer nach Brandenburg und reicht bis zur Talsperre Spremberg, die das Eisen bisher noch zurückhält.
Die vom Gutachter Dr. Uhlmann vorgestellten Ergebnisse waren erschütternd: Nicht nur der Nebenfluss Kleine Spree, sondern auch die Hauptspree werde vom Zustrom eisenhaltigen Grundwassers erfasst. Der Höhepunkt der Belastung sei vermutlich noch nicht erreicht, sie werde mindestens 100 Jahre andauern. Uhlmann sprach von historisch und weltweit einmaligen Dimensionen, daher gebe es für Gegenmaßnahmen keine fertigen Rezepte. Um den Stoffeintrag einzudämmen schlägt er eine Kombination verschiedener Maßnahmen zum Abfangen und Reinigen des zuströmenden Wassers vor, notfalls auch den Bau einer unterirdischen Dichtwand. Die LMBV sah sich noch nicht in der Lage, die Kosten zu beziffern.
Untersucht hatte Uhlmann dabei nur den sächsischen Bereich westlich der Spree. Folgen des östlich angrenzenden Vattenfall-Tagebaues Nochten waren nicht Gegenstand der Studie. Für den Bereich Schlabendorf/Seese hat die LMBV ein weiteres Gutachten beauftragt, dass bis April vorliegen soll. In der nächsten Woche will die LMBV die gezeigte Präsentation veröffentlichen, das Gutachten selbst ist bisher nicht öffentlich verfügbar.
In der Versammlung wurde auch die Forderung laut, keine neuen Tagebau zuzulassen, um die Probleme nicht immer weiter in die Zukunft fortzuschreiben.
Hier zwei Presseartikel dazu: http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/713095/

https://www.lr-online.de/nachrichten/Tagesthemen-Das-Eisen-Problem-besteht-die-naechsten-100-Jahre;art1065,4089161

3. Spremberg: Drei Abende Erinnerung an gesprengte Kirchen

Die Spremberger Michaelkirchgemeinde erinnert an drei Abenden im Januar unter dem Titel "GEDENKEN und UMDENKEN" an für den Braunkohletagebau gesprengte Kirchen der Region. Im Jahr 2013 jährt sich zum 30. Mal die Sprengung der Kirche in Stradow und zum 20. Mal die der Kirche in Wolkenberg. "Damit die Geschichte dieser Kirchen und die vielen mit ihnen verbundenen Geschichten der Menschen nicht verloren gehen, wollen wir an drei Abenden daran erinnern. Diese Erinnerungen sollen bewusst machen, ein wie großer Lebens-, Heimat- und Geschichtsverlust damit verbunden war. Was dies darüber hinaus für die Gestaltung der Zukunft bedeutet, soll ebenfalls bedacht und diskutiert werden." schreibt Pfarrer Werdin in der Einladung zu den Veranstaltungen.
Filmdokumente, historische Informationen und persönliche Betroffenheiten werden jeweils am Donnerstag, 10., 17. und 24. Januar um 19.30 Uhr in der St. Michael-Kirche Spremberg (K.-Marx-Str.47) diskutiert. (Kontakt: www.michaelgemeinde.de)

4. Die Logik der Kohlefreunde (Kommentar)

Terpe erklärt sich zum bergbaufreundlichen Ort und fordert die Abbaggerung anderer
Wie bestellt konnte die „Lausitzer Rundschau“ gleichzeitig mit dem diesjährigen Sternmarsch gegen neue Tagebaue auch von einer Pro-Kohle-Aktion berichten: Der Ort Terpe möchte sich zum „bergbaufreundlichen Ort“ erklären, weil dort auch die Großeltern schon nach Kohle schürften:
http://www.lr-online.de/regionen/guben/Terpe-bekennt-sich-als-bergbaufreundlicher-Ort;art1051,4086916
Terpe liegt zwischen den abgebaggerten Feldern Spreetal und Welzow-Süd I. Das Dorf selbst steht also auf keinem abbauwürdigen Kohlevorkommen mehr, die Schäden in seinem Umfeld sind längst eingetreten. Da fällt es offenbar leicht, sich bergbaufreundlich zu geben und unausgesprochen die Abbaggerung und Beeinträchtigung anderer zu fordern. Denn anders wäre die gewünschte Fortsetzung der Braunkohleverstromung nicht zu haben.
Wenn Braunkohle nicht Klima und Wasserhaushalt beeinträchtigen und damit mittelbar tausende Menschen heutiger und künftiger Generationen schädigen würde - die Terper könnten gern auf ihrer eigenen Gemarkung so viel graben wie sie wollen. Ist da inzwischen nichts mehr zu holen, so liegt das vermutlich einfach daran, dass der Rohstoff Braunkohle keine nachhaltige Sache ist.
Bei der offensichtlich inszenierten Willensbekundung von unten kann sich Vattenfall zurücklehnen. Der Konzern hat die Lausitz ja auch nur seit Mai 2012 über Monate mit einer großformatigen Werbekampagne für Braunkohleverstromung überzogen. Da hat er natürlich gaaar nichts mit der Sache zu tun...
Mit dem Ruf nach der Abbaggerung anderer ist Terpe nicht allein. So hatte ja die Cottbuser Stadtspitze um Frank Szymanski, Lothar Nicht, Werner Schaaf und André Kaun in ihrer Stellungnahme zur Energiestrategie des Landes Braunkohleverstromung bis mindestens 2070 gefordert. Im stadtnahen Tagebau Cottbus-Nord ist die Kohle in drei Jahren alle, die Verwunderung über so manche Folgeschäden steht erst noch bevor. Jetzt beanspruchen die Herren, deren Wohngegend relativ sicher vor Tagebauaufschlüssen ist, einfach die Kohle unter anderen Kommunen. Zum morgigen Neujahrsempfang der Stadt ist ein erneuter Rückfall in diesen Kolonialismus nicht ausgeschlossen.
Etwas mehr kritische Distanz wäre dabei schon in den Neunzigern gesünder für die Stadt gewesen. So hat Frank Szymanski die Entscheidungen der 1990er Jahre zum Bau des Heizkraftwerkes mit zu verantworten, mit denen sich Cottbus der Braunkohlewirtschaft zuliebe in den Ruin gewirtschaftet hat. Er trug als damaliger Stadtfraktionschef 1995 die entsprechenden Vorlagen vorbehaltlos mit. Als die finanziellen Folgen 2005 offenkundig wurden, blieb sein Beitrag in der Öffentlichkeit unerwähnt, er wurde stattdessen sogar zum Oberbürgermeister der Karnevalshochburg gewählt.
Ein weiterer Mitverantwortlicher des damaligen Heizkraftwerksdesasters will jetzt in den Bundestag: Der Spremberger Ulrich Freese, Mitglied des Vattenfall-Aufsichtsrates, hofft am 18. Januar als Direktkandidat der SPD für die Bundestagswahl aufgestellt zu werden, um in der Berliner Politik Interessen vertreten zu können. Wessen auch immer.

René Schuster

(Wer zum Thema Heizkraftwerk Erinnerungslücken hat, der sei auf unsere vor fast vier Jahren entstandene Dokumentation dazu verwiesen:
http://www.lausitzer-braunkohle.de/Texte/hintergrund_hkw_lang.pdf )

5. Künstlerin spendet Preisgeld dem Braunkohlewiderstand

Unser Spendenaufruf vom Jahresende wurde auf unerwartete Weise erhört. Die sorbische Künstlerin Maja Nagel spendete einen Teil des für ihre „Uhyster Sichtschneise“ erhaltenen Preisgeldes für den Widerstand gegen neue Tagebaue. My se wutšobnje wužĕkujomy!

6. Bericht von der Nochten-Erörterung

Zum Erörterungstermin wegen der Erweiterung des Vattenfall-Tagebaus Nochten vom 11. bis 13. Dezember 2012 im Sorbischen Kulturzentrum Schleife hat die Initiative „Gegenstrom13“ (Hamburg) einen Bericht im Internet veröffentlicht. Er ist als pdf abrufbar unter:
http://www.gegenstrom13.de/wp-content/uploads/2013/01/2Jan-13_Bericht-Erörtergstermin-Nochten.pdf

7. Filmbericht über das Treffen des Bündnisses „Heimat und Zukunft“

Einen Bericht über den 31. Oktober in Atterwasch hat graswurzel.tv inzwischen veröffentlicht. Der knapp sechsminütige Clip von Marco Kühne und Suse Neubronner ist unter dem folgenden Link abrufbar:
http://graswurzel.tv/p227.html

8. Mitteldeutsches Revier: weggerutschter Bagger soll geborgen werden

Wie die Mitteldeutsche Zeitung berichtet, will die MIBRAG den im August bei einer Rutschung im Tagebau Schleenhain umgekippten 950 Tonnen schweren Braunkohlenbagger Ende Januar bergen. Erst danach wisse man, wie groß der entstandene Sachschaden sei.
http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1357823337723

9. Zum Abschluss: Ein Zitat aus Schweden...

liefert der Zeitungskommentator Johan Ehrenberg auf stabilekonomi.se, 30.11.2012. In der Frage von Energiepolitik und Braunkohlenutzung vergleicht er Schweden und sein Staatsunternehmen Vattenfall "mit einer Sportlehrerin, die in der Klasse raucht“.

Termine

Wir beim Umweltfestival in Berlin
28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni
Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

 

Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

230625 lausitz2030

 

Bitte unterstützt die Lacoma-Filmdokumentation

230625 lausitz2030

 

Aktuelle Seite: Startseite Rundbriefe Rundbrief vom 13. Januar 2013

Lausitzer Kohlerundbrief