Rundbrief vom 19. Dezember 2012

1. Erörterung zum Tagebau Nochten: Nachdenken über den Kohlebedarf
2. Bundesrats-Initiative zur Beweislastumkehr bei Bergschäden angekündigt
3. Aufruf zum sechsten Sternmarsch gegen neue Tagebaue am 6. Januar
4. Bundestagskandidaten in der Kohleregion
5. Sabine Niels zurück in bündnisgrüner Fraktion
6. Stadt Welzow: Rücktrittsforderung wegen Schadensersatz

Sehr geehrte Interessentinnen und Interessenten,
der Wahlkampf wirft bereits seine Schatten voraus, so dass wir diesmal mehr als sonst auch über Personen berichten. Die Inhalte stehen für uns aber im Vordergrund und deshalb auch am Anfang des Rundbriefes:

1. Erörterung zum Tagebau Nochten: Nachdenken über den Kohlebedarf

Der Entwurf des Braunkohlenplanes Tagebau Nochten wurde in der vergangenen Woche drei Tage lang in Schleife erörtert. Am ersten Tag der Erörterung war u.a. Prof. Christian von Hirschhausen aufgetreten und hatte die Erkenntnisse seiner Untersuchung für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung dargelegt. Eine energiepolitische Notwendigkeit zum Aufschluss des Tagebaues bestehe demnach nicht.
Auch seitens der Bewohner der von Umsiedlung oder Randlage bedrohten Ortsteile wurde deutlich mehr Kritik geäußert, als offenbar vom Planungsverband erwartet worden war. Der über die Schleifer Region gern verbreitete Eindruck, dass alle Bewohner mit der Umsiedlung einverstanden seien, wurde so in der Erörterung klar widerlegt.
Die Lausitzer Rundschau zitiert in ihrer Lokalseite Weißwasser vom 14. Dezember den Leiter der Planungsstelle, Dr. Heinrich mit den Worten "Jetzt gibt es in der Bundesrepublik Deutschland eine veränderte Energiepolitik. Sachsen stellt in absehbarer Zeit sein neues Energieprogramm vor. Wir müssen die Frage stellen, ob wir noch aktuell sind" . Ähnlich wie zum Tagebau Welzow II in Brandenburg ist auch hier die Beauftragung eines neuen Gutachtens zum Kohlebedarf durch den Freistaat Sachsen wahrscheinlich. Dabei wird nicht ausgeschlossen, dass neue Erkenntnisse "das Prozedere um einige Wochen verlängern" können. Der Bericht der Lausitzer Rundschau steht im Internet hier:
http://www.lr-online.de/regionen/weisswasser/Wie-viel-Kohle-braucht-das-Kraftwerk-Boxberg-wirklich;art13826,4064776

2. Bundesrats-Initiative zur Beweislastumkehr bei Bergschäden angekündigt

Wie die "Aachener Nachrichten" am 13. Dezember berichteten, plant die nordrhein-westfälische Landesregierung im nächsten Jahr eine Bundesratsinitiative zur Beweislastumkehr bei Bergschäden. Bisher muss im Umfeld eines Tagebaues der Geschädigte nachweisen, dass der Bergbau Verursacher eines Schadens ist. Bei Abbau unter Tage ist es bereits umgekehrt. Die entsprechende Bestimmung im § 120 des Bundesberggesetzes kann entweder durch den Bundestag oder durch eine Bundesratsinitiative auf Tagebaue ausgeweitet werden. Interessant in diesem Zusammenhang wird das Verhalten des Landes Brandenburg im Bundesrat sein. Laut seinem Koalitionsvertrag will es sich für soziale und ökologische Verbesserungen im Bundesberggesetz einsetzen. Der Zeitungsbericht der Aachener Nachrichten ist im Internet hier verfügbar:
http://www.aachener-nachrichten.de/lokales/region/tagebauschaeden-beweislast-soll-umgekehrt-werden-1.475231

3. Aufruf zum sechsten Sternmarsch gegen neue Tagebaue am 6. Januar

Für den 6. Januar 2013 rufen die vom Braunkohlentagebau bedrohten Dörfer nun bereits zum sechsten Mal zu einem Sternmarsch auf. In drei Züge laufen die Teilnehmer von den Orten Grabko, Kerkwitz und Atterwasch zu einem gemeinsamen Treffpunkt.
"Wir fordern von der Landesregierung die sofortige Beendigung des Planverfahrens und eine lebenswerte Zukunft für unsere Dörfer." sagt Silvia Borkenhagen aus Grabko, eine der Organisatoren des Sternmarsches. "Zum Jahresbeginn wollen wir erneut ein Zeichen gegen die Tagebauplanungen setzen. Alle Unterstützer des Widerstandes sind dazu herzlich eingeladen."
Abmarsch ist wie bereits in den Vorjahren
in Grabko um 13:00 Uhr (Gaststätte)
in Atterwasch um 13:15 Uhr (Feuerwehr)
in Kerkwitz um 13:30 Uhr (in der Ortsmitte)
Die drei Züge treffen sich gegen 14:00 Uhr am "Alten Schafstall" nördlich von Kerkwitz. Für Imbiss und heiße Getränke ist gesorgt. In Kerkwitz besteht Bahnanschluss, der stündlich aus Berlin, Cottbus und Frankfurt/Oder erreichbar ist.
Zum Sternmarsch rufen die Ortsvorsteher der von Umsiedlung oder Randlage am Tagebau Jänschwalde-Nord bedrohten Dörfer ebenso auf, wie der Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen der Agenda 21 der Gemeinde Schenkendbern. Der Marsch findet traditionell am ersten Sonntag des Jahres statt. Nach Bekanntwerden der Pläne des Vattenfall-Konzerns und der Potsdamer Landesregierung war er am 6. Januar 2008 erstmals durchgeführt worden.

4. Bundestagskandidaten in der Kohleregion

Am 13. Dezember trat der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic überraschend aus der Fraktion DIE LINKE aus. Hintergrund waren lange Auseinandersetzungen zwischen der Landes- und Kreisspitze der Partei und dem Abgeordneten, der die Regierung der rot-roten Koalition in Brandenburg mehrfach scharf in der Öffentlichkeit kritisiert hatte. Dabei hatte er sich regelmäßig gegen CO2-Verpressung und neue Tagebaue gewandt. Der ehemalige Bundesrichter Neskovic kündigte an, sich nunmehr als unabhängiger Kandidat um das Direktmandat in Cottbus/Spree-Neiße bewerben zu wollen.
Am 15. Dezember bestimmte der Kreisverband der Partei DIE LINKE die Landtagsabgeordnete Birgit Wöllert aus Spremberg zur Direktkandidatin. Sie erhielt 84,5 % der Stimmen, nachdem es nicht mehr zu der erwarteten Kampfabstimmung gegen Wolfgang Neskovic kam. Auch Birgit Wöllert gilt als Gegnerin neuer Tagebaue, machte jedoch deutlich, dass sie die Energiestrategie der rot-roten Landesregierung mittrage.
Am 18. Dezember schlugen die beiden SPD-Kreisvorstände mehrheitlich Ulrich Freese als Direktkandidat vor. Die Jusos hatten dagegen ihre stellvertretende Landeschefin, die Studentin Maja Wallstein vorgeschlagen, die Entscheidung soll auf einem gemeinsamen Kreisparteitag am 18. Januar fallen. Freese ist seit Anfang der 1990er Jahre als Funktionär der IGBCE und Hardliner des Braunkohlelobbyismus bekannt, Wallstein trat bisher vor allem als Kritikerin der Lausitzer Hochschulfusion auf.
Die CDU wird am 25. Januar über ihren Kandidaten entscheiden, ein Vorschlag des Kreisvorstandes soll Anfang Januar vorliegen. Die Lausitzer Rundschau spekuliert dabei über die Chancen des Spremberger Bürgermeisters Klaus-Peter Schulze.
Die Bündnisgrünen haben sich bereits auf Wolfgang Renner, die FDP auf ihren jetzigen MdB Martin Neumann verständigt. Die Bundestagswahl findet voraussichtlich am 22. September 2013 statt.

5. Sabine Niels zurück in bündnisgrüner Fraktion

Die Abgeordnete Sabine Niels ist seit dem 11. Dezember wieder Mitglied der bündnisgrünen Landtagsfraktion in Brandenburg, die sie im Oktober verlassen hatte. Auch dabei war die Braunkohlepolitik angesprochen worden. Niels hatte sich dagegen ausgesprochen, klare Positionen aufzuweichen, um sich der SPD als künftiger Koalitionspartner zu empfehlen. Der Rückkehr in die Fraktion war ein Mediationsverfahren vorausgegangen.

6. Stadt Welzow: Rücktrittsforderung wegen Schadensersatz

Die von der Tagebaudiskussion überschattete Welzower Stadtpolitik bleibt ein Dauerstreit. Aktuell fordern CDU-Abgeordnete den Rücktritt des Stadtverordnetenvorstehers.
Der Hintergrund: Die Wahl der derzeitigen Welzower Bürgermeisterin Birgit Zuchold (SPD) war erst durch die Amtsenthebung ihres Vorgängers Rainer Jestel möglich geworden. Ende November urteilte nun das Verwaltungsgericht Cottbus, das damals zur Amtsenthebung genutzte ärztliche Gutachten habe keine Dienstunfähigkeit nachgewiesen und somit nicht ausgereicht. Rainer Jestel steht nach Berichten der Lausitzer Rundschau Entschädigung in sechsstelliger Höhe zu, welche die Stadt Welzow zu begleichen hat. Jestel war in der Öffentlichkeit wegen seiner Stasi-Vergangenheit umstritten, die jedoch ebenfalls keine Amtsenthebung rechtfertigte, wie das Gericht bereits 2008 festgestellt hatte.
Die CDU-Fraktion im Stadtparlament sieht den Vorgang vielmehr in Zusammenhang mit der Kohlepolitik: Man habe den Kritiker Jestel mundtot machen wollen, um eine tagebaufreundliche Bürgermeisterin zu installieren, lautet der Vorwurf. Die Kosten dieses Manövers trage nun erneut der Steuerzahler. Zwei CDU-Stadtverordnete fordern nun den Stadtverordnetenvorsteher Carsten Kupsch, der die Amtsenthebung Jestels eingeleitet hatte, in einem offenen Brief zum Rücktritt auf. Der Brief und der Bericht der Lausitzer Rundschau stehen im Internet unter
http://www.allianz-fuer-welzow.de/
und
http://www.lr-online.de/regionen/spremberg/Etappensieg-fuer-frueheren-Welzower-Stadtchef;art1050,4044531

 

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