Rundbrief vom 30. Juni 2011

1. Tagebau-Proteste beim Sommerfest der brandenburgischen Landesregierungkohlerundbrief 2011 06 30 bild

2. Unterschriftenaktion gegen CCS

3. CCS-Frist der EU verstrichen / Treckerdemo in Wriezen

4. Vattenfall ernennt neuen Chef-Lobbyisten

5. Slowakische Gäste am Tagebaurand

6. In eigener Sache

7. Termine der nächsten Wochen

8. Presseartikel: „Bei Vattenfall gilt: ohne CCS kein Braunkohlestrom“ - PNN, 27.06.2011

1. Tagebau-Proteste beim Sommerfest der brandenburgischen Landesregierung

Während des Sommerfestes von Staatskanzlei und Wirtschaftsforum Brandenburg am Mittwoch imkohlerundbrief 2011 06 30 bild2 Potsdamer Krongut Bornstedt wurden Veranstalter und Gäste mit Protesten der GRÜNEN LIGA gegen die Braunkohlepolitik des Landes konfrontiert. Bereits bei ihrer Anreise mußten die Minister (auf dem Foto: Wirtschaftsminister Ralf Christoffers) Transparente gegen neue Tagebaue passieren. Beim Verlassen des Festes liefen die Gäste auf eine Leinwand zu, auf der Bilder aus bedrohten Orten gezeigt wurden. Neben den Porträts von Bewohnern bedrohter Orte erscheinen z.B. die Worte "Ihr feiert und wir bangen um unsere Heimat. Tagebau ist Zukunftsklau - Energiewende jetzt!" Die Hofeinfahrt gegenüber des Veranstaltungsortes hatten Anwohner freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

kohlerundbrief 2011 06 30 bildIn diesem Jahr soll die Energiestrategie des Landes überarbeitet und dabei auch über die künftige Rolle der Braunkohle entschieden werden. Dass Vattenfall den Potsdamer Politikern ein Sommerfest bezahlt, erscheint in diesem Zusammenhang mehr als fragwürdig. Das Unternehmen ist eines von vier Hauptsponsoren des Festes, Matthias Platzecks Staatskanzlei ist Mitveranstalter. Ein Schelm, wer da an den Straftatbestand der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) denkt.

2. Unterschriftenaktion gegen CCS

Der BUND und die Brandenburger Bürgerinitiativen haben eine Unterschriftenaktion mit folgendem Wortlaut ins Leben gerufen: "Die unterirdische Verpressung von Kohlendioxid birgt unüberschaubare Risiken. Daher fordere ich hiermit die brandenburgische Landesregierung auf, sich endlich zu einem Nein zur CO2-Verpressung zu bekennen. Im Zuge dessen müssen auch die Erkundungen in Birkholz-Beeskow und Neutrebbin und das Genehmigungsverfahren für das CCS-Kraftwerk Jänschwalde gestoppt werden." Die Aktion solll während des Gesetzgebungsverfahrens laufen und die Unterschriften an den Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg übergeben werden. Die Unterschriftenliste befindet sich im Anhang. In Cottbus können gefüllte Listen auch im Eine-Welt-Laden abgegeben werden.

3. CCS-Frist der EU verstrichen / Treckerdemo in Wriezen

Bis zum 25. Juni 2011 sollten die Mitgliedsstaaten die europäische CCS-Richtlinie in nationale Gesetze gießen. Getan haben das bisher nicht allzu viele. In Deutschland soll das Gesetzgebungsverfahren im September abgeschlossen sein, ob es zu einer Anwendung der Technologie führen wird, ist dennoch offen. Am heutigen 30. Juni tagt derweil in Wriezen der vom bbg. Wirtschaftsministerium eingesetzte "regionale Erkundungsbeirat". Die Bürgerinitiative "CO2ntra Endlager" hat für 16:00 Uhr eine Treckerdemonstration angekündigt.

4. Vattenfall ernennt neuen Chef-Lobbyisten

Der Jurist Alexander Jung (47) leitet den neugeschaffenen Bereich Public & Regulatory Affairs bei Vattenfall und verantwortet damit die gesamte Politikarbeit des Energiekonzerns in Deutschland. Bisher leitete den Bereich Public Affairs Ulrich Klinkert, der in den 1990er Jahren der CDU-Bundestagsfraktion angehörte. Am kommenden Montag (4. Juli) hat Herr Jung bereits einen öffentlichen Auftritt: Die Berliner Publizistin Lea Rosh lädt zur Diskussion "Atomkraft? - Nein, danke! Gibt es denn Alternativen? Und wie sehen die aus? " Neben Vattenfall sitzen dort Bärbel Höhn (MdB, Grüne) und Prof. Rolf Kreibich (IZT) im Podium. (20 Uhr, Kommunale Galerie, Hohenzollerndamm 176, U-Bahn: Fehrbelliner Platz).

5. Slowakische Gäste am Tagebaurand

Die GRÜNE LIGA Osterzgebirge gestaltet zur Zeit eine Bustour für ihre langjährigen slowakischen Partner durch Deutschland. Am Dienstag waren die Gäste, darunter viele Studenten der Universität Bratislava auf dem Weg durch die Lausitz und besuchten dabei den Aussichtspunkt am Tagebau Nochten. Sie zeigten sich schockiert von den Ausmaßen und Auswirkungen der Braunkohleverstromung und vor allem von den Widersprüchen innerhalb der Lausitz zwischen Biosphärenreservaten auf der einen und Tagebaugebieten auf der anderen Seite.

6. In eigener Sache

In den nächsten Wochen wird unser Rundbrief voraussichtlich seltener erscheinen. Neben der Sommerpause in Politik und Gesellschaft liegt das leider auch am Auslaufen der Finanzierung einer hauptamtlichen Betreuung des Themas Lausitzer Braunkohle bei der Umweltgruppe Cottbus. Wir werden die Arbeit für die Zukunft neu organisieren, aber in jedem Fall weiter aktiv bleiben. Wer uns dabei durch eine Fördermitgliedschaft unterstützen möchte, hilft mit neue Lösungen zu ermöglichen. Ein Formular dafür findet sich unter www.lausitzer-braunkohle.de/helfen.php

7. Termine der nächsten Wochen

stehen wir immer auf

www.lausitzer-braunkohle.de/termine.php

8. Presseartikel:

http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/492291/

„Bei Vattenfall gilt: ohne CCS kein Braunkohlestrom“ - Potsdamer Neueste Nachrichten, 27.06.2011

Der Linke-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic über eine geänderte Strategie beim schwedischen Staatskonzern und die Erkenntnis, dass die Zukunft der Lausitz in Stockholm entschieden wird - und nicht in Potsdam

Herr Neskovic, Sie waren mit der Deutsch-Nordischen Parlamentariergruppe des Bundestags in Schweden, es ging um Energiepolitik, Braunkohle und damit auch um Brandenburg. Wie also sieht es auch mit der Kohle-Strategie des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall und der unterirdischen Verpressung von Kohlendioxid (CO2 ) – also mit der CCS-Technologie?

Vattenfall hat seine Unternehmensziele nach der Reichstagswahl im Herbst 2010 neu definiert. In einer neuen Regierungsdirektive ist Vattenfall aufgefordert worden, neben der Gewinnerzielung auch eine ökologisch-nachhaltige Politik zum Unternehmensziel zu erklären. Der Konzern hat deshalb ausdrücklich entschieden, dass es ohne CCS keine weitere Braunkohleverstromung geben wird. CCS lehnt aber der Sachverständigenrat der Bundesregierung gerade aus Gründen der Nachhaltigkeit bei der Braunkohleverstromung als ungeeignet ab. Allein schon deswegen hat nach der offiziellen Unternehmenspolitik von Vattenfall die Braunkohleverstromung in der Lausitz mittelfristig keine Chance, wenn CCS entfällt.

Nun wollen offenbar aber Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) nicht mehr viel vom eigenen Versprechen wissen, dass es ohne CCS keine neuen Tagebaue und Kraftwerke geben soll. Sie setzen auf längere Verstromung auch ohne CO2-Lager. Was sagt denn die Politik in Schweden?

Wir haben mit Mitgliedern sämtlicher Fraktionen des schwedischen Reichstages, Mitgliedern des zuständigen Wirtschaftsausschusses, mit hochrangigen Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums und führenden Vertretern der Vattenfallzentrale gesprochen. Es gab bei den Abgeordneten des schwedischen Reichstages keinen einzigen – gleich welcher Partei – der für die längerfristige Verstromung der Braunkohle auch in Deutschland eingetreten ist. In Schweden gibt es aber noch kein gewachsenes Bewusstsein dafür, dass durch den Tagebau ganze Landschaften förmlich ausradiert werden. Ein Abgeordneter der schwedischen Grünen hat, nachdem ich auf diesen Sachverhalt im Gespräch hingewiesen habe, gesagt, seit König Gustaf Adolf im Dreißigjährigen Krieg habe kein Schwede soviel landschaftliche Verwüstung in Deutschland hinterlassen wie die schwedische Firma Vattenfall. Das hat die schwedischen Kolleginnen und Kollegen erkennbar beeindruckt. Das Erstaunen war groß über die konkreten Auswirkungen für die Landschaft und für Menschen, die umgesiedelt werden.

Und Platzeck und Christoffers?

Bis vor kurzem haben sie noch erklärt, auch für sie käme eine langfristige Braunkohleverstromung ohne CCS nicht in Frage. Damit waren sie lediglich Sprachrohr von Vattenfall. Die Abkehr vom eigenen Versprechen entspricht dem, was die Vattenfall-Spitze in der Lausitz von sich gibt. Dort ist die Direktive aus Schweden entweder noch nicht angekommen oder man will sie nicht verstehen. Mir wurde bei Gesprächen in Cottbus klar, dass die personellen und inhaltlichen Veränderungen in Schweden bei Vattenfall in Deutschland überhaupt noch nicht angekommen zu sein scheinen. Die mir bei diesem Gespräch mitgeteilten Unternehmensziele repräsentieren in vollem Umfang noch die alte Unternehmenspolitik des früheren Unternehmenschefs Josefsson. Die neue Unternehmensstrategie – also neben der Gewinnerzielung eine nachhaltig-ökologische Politik und keine weitere Braunkohleverstromung ohne CCS – haben sich in der Lausitz ganz offenkundig noch nicht durchgesetzt. Auch dies muss den Schweden in Stockholm bewusst gemacht werden. Insofern kommt es auf Platzeck und Christoffers gar nicht mehr an, da sie nicht die Unternehmensziele von Vattenfall bestimmen.

Und wie ist Ihre Strategie jetzt? Ihre Landespartei und ihre Linke-Landtagsfraktion sind von der Ablehnung neuer Tagebaue vor der Wahl 2009 abgerückt und auf Kurs des Koalitionspartners SPD.

Es ist wichtig, die Auswirkungen der Braunkohleverstromung und der Tagebaue in der schwedischen Diskussion weiter zu vertiefen. Außerdem müssen die Interessen der Lausitz gegenüber der schwedischen Regierung und dem dortigen Parlament zielstrebiger und intensiver als bisher vertreten werden. Der Dialog muss erheblich ausgebaut werden, weil es letztlich auf Stockholm und nicht auf Potsdam ankommt. Wir sollten allerdings auch deutlich machen, dass die technologischen Fähigkeiten, die Vattenfall hat, für erneuerbare Energien in dieser Region willkommen sind. Darauf habe ich in den Gesprächen auch immer wieder hingewiesen. Gleichzeitig habe ich diese Feststellung mit dem Hinweis verbunden, dass sich Vattenfall im Gegenzug mittelfristig – etwa bis zum Jahr 2040 – von der Braunkohleverstromung in dieser Region verabschieden müsse.

Die Fragen stellte Alexander Fröhlich

Termine

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Buchvorstellung: "Angels over Lusatia"
17 April 2024
19:00 - 21:00
Helle Panke e.V., Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin
Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
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28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni

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