Rundbrief 31. Mai 2011

1. Tagung in Guben: Experten raten zu Abschied vom Kraftwerk Jänschwalde

2. Tagebau Welzow II: Auslegung des Planes erst ab September

3. Bundesrat begräbt Brandenburgs CCS-Hoffnungen

Sehr geehrte Interessenten,

die Anti-Atom-Bewegung hat dieser Tage einen ihrer bisher größten Erfolge erzielt. Er besteht in der sofortigen und dauerhaften Stillegung einer ganzen Reihe Atomkraftwerke. Während bei den Laufzeiten anderer Kraftwerke bis 2021/22 Zweifel an der Unumkehrbarkeit der Entscheidung berechtigt sind, so zeigen die Sofort-Abschaltungen doch, dass eine kontinuierliche Bürgerbewegung zu beachtlichen Erfolgen führen kann. Denn ohne den öffentlichen Druck hätte die Bundesregierung nicht annähernd ähnlich auf das Unglück von Fukushima reagiert. In diesem Sinne wollen wir den Schwung des energiepolitischen Wandels auch in die Auseinandersetzung um neue Tagebaue in der Lausitz tragen und informieren hier in einem weiteren Kohle-Rundbrief:

1. Tagung in Guben: Experten raten zu Abschied vom Kraftwerk Jänschwalde

Guben, 28.05.2011: Experten stellen die Notwendigkeit neuer Braunkohlentagebaue in Brandenburg trotz des Atomausstieges in Frage. Dies zeigte die Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der GRÜNEN LIGA in Guben.

Die Tagung wurde eröffnet mit einem Grußwort des Vorsitzenden der Gubener Stadtverordnetenversammlung, Klaus-Dieter Fuhrmann. Die Stadt hat erst vor wenigen Tagen Forderungen zur Brandenburgischen Energiestrategie beschlossen und folgte damit einer Initiative der vom Tagebau bedrohte Nachbargemeinde Schenkendöbern.

Carsten Linke, Referent für Energie, Klimaschutz und Klimawandel erläuterte die energiewirtschaftlichen Folgen aus den Klimaschutzzielen des Landes Brandenburg. "Einer ständigen Ausweitung des Stromexportes aus Brandenburg sind Grenzen gesetzt. Diese Annahme der Landesregierung in der Energiestrategie geht letztendlich zu Lasten der Erneuerbaren Energien, dem Bedarf an Regelleistung und der Netzstabilität. Das klimapolitische Ziel für 2030 und eine nachhaltige, bedarfsorientierte Energiewirtschaft ist nur erreichbar, wenn das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde bis dahin stillgelegt wird." so der Experte vom Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV).

Nach Erkenntnissen des Energieforschers Jeffrey H. Michel aus Hamburg bleibt CCS-Technik für den globalen Klimaschutz wirkungslos. "Ein weltumspannender Einsatz von CO2-Abscheidung wird inzwischen durch hohe Energiepreise und schwindende Kohlereserven verhindert. China und Indien sind bereits zu Kohle-Importeuren geworden und setzen deshalb CCS nicht ein. Die Kohlendioxid-Verpressung wird vor allem in Nordamerika zur Steigerung der Erdölförderung ausgeweitet, was aber dem Klima zusätzlich schadet." Michel nimmt am 6. Juni als Sachverständiger an der Anhörung des Deutschen Bundestages zum CCS-Gesetz teil.

Bilder von der Tagung und die Präsentationen zu den Vorträgen sind inzwischen veröffentlicht auf

www.lausitzer-braunkohle.de/tagung2011.php

2. Tagebau Welzow: Befangenheitsvorwurf gegen brandenburgische Braunkohle-Planer

Cottbus, 31.05.2011. Die Ortsbürgermeisterin des vom Tagebau bedrohten Ortes Proschim wirft der brandenburgischen Landesplanungsbehörde Befangenheit vor. Die Planer gehen einseitig zugunsten des Unternehmens Vattenfall vor, sagte Petra Rösch auf der heutigen Sitzung des Braunkohlenausschusses. Ebenso ist mit der Fugro Consult kein unabhängiges, sondern über zahlreiche Aufträge eng mit Vattenfall verbundenes Gutachterbüro mit der Umweltprüfung beauftragt worden.

René Schuster als Vertreter der Umweltverbände machte deutlich, dass der derzeitige Planentwurf die Vorgaben des Gesetzes nicht erfüllt. So wurden Alternativen nicht angemessen geprüft. Ebenso fehlen Ansiedlungsstandorte für Orte wie Proschim, die nach § 12 (3) des brandenburgischen Braunkohlenplanungsgesetz im Braunkohlenplan darzustellen wären. Die Umsiedlung soll also festgeschrieben werden, aber wo es hingehen soll, wird auf später vertagt. Das hat es in bisherigen Planverfahren noch nie gegeben. Der Plan ist deshalb vor einem Beteiligungsverfahren zu überarbeiten.

Die Landesplanungsbehörde muß nun entscheiden, ob sie tatsächlich einen unvollständigen und nicht gesetzeskonformen Planentwurf ins Beteiligungsverfahren bringen will. Der Braunkohlenausschuß hat lediglich beratende Funktion. Er verabschiedete zwar mehrheitlich eine Stellungnahme, welche die Einleitung des Beteiligungsverfahren befürwortet, die Bedenken der Umweltverbände müssen laut Beschluß jedoch beigefügt werden.

Die öffentliche Auslegung des Planes zum neuen Tagebau Welzow II soll nach heutiger Ankündigung vom 1. September bis zum 31. Oktober stattfinden. Damit hat sich der Zeitplan des Verfahrens bereits erneut um drei Monate verzögert. Diese Auslegung würde gleichzeitig in Brandenburg und Sachsen stattfinden, da ein Teil des Tagebaus die sächsische Grenze überschreitet. Der Konzern Vattenfall plant, für diesen Tagebau 810 Einwohner von Proschim und Welzow umzusiedeln, um 204 Millionen Tonnen Braunkohle zu fördern und in herkömmlichen klimaschädlichen Kohlekraftwerken zu verstromen.

3. Bundesrat begräbt Brandenburgs CCS-Hoffnungen

Am Freitag, dem 27. Mai beriet der Bundesrat über das CCS-Gesetz (offiziell: Kohlendioxid-Speichergesetz KSpG) und formulierte insgesamt 40 Änderungsvorschläge. Dabei scheiterten Sachsen und Brandenburg mit dem Antrag, die sogenannte Länderklausel zu kippen (Drucksache 214/3/11) So wird die brandenburgische Landesregierung nun an ihrer Ankündigung gemessen, CCS nicht einzusetzen, wenn andere Länder aussteigen könnten. Folgerichtig dürften auch keine neuen Braunkohlenkraftwerke und -tagebaue in Brandenburg genehmigt werden.

Interessant zu wissen ist, dass die vom linken Landesvorstand und Landesparteitag beschlossene Kriterium von 99 Prozent Reinheit des zu verpressenden Gases durch die rot-rote Landesregierung offenbar gar nicht beantragt wurde.

In die Stellungnahme des Bundesrates aufgenommen wurde auf Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen folgende Formulierung: „Die Zulassung ist auf einen Zeitraum von fünf Jahren, beginnend mit dem Zeitpunkt der Injektion in das Speichergestein, zu befristen. Sie kann auf Antrag einmal um fünf Jahre verlängert werden." Auch die GRÜNE LIGA hatte im letzten Jahr in ihrer Stellungnahme moniert, dass die Anlagen nach dem bisherigen Entwurf ohne Zeitbegrenzung laufen sollten. Vattenfall wollte bisher seine Demonstrationsanlage in Jänschwalde etwa 20 Jahre lang betreiben, zunächst zur Erprobung der Technlogie, danach zur kommerziellen Stromerzeugung. Es ist nur logisch, letzteres nicht durch ein Gesetz zu ermöglichen, das lediglich der Erprobung dienen soll.

Auch die Punkte 1, 14, 27, 28, 36 und 37 der Bundesrats-Stellungnahme hatten wir bereits angesprochen. Das Gesetz soll nun nicht mehr der "Gewährleistung", sondern der "Erforschung der Möglichkeiten" einer unterirdischen CO2-Speicherung dienen. Die vom Betreiber zu zahlende Deckungsvorsorge von 3 auf 10 % und die Haftungsdauer des Betreibers erhöht werden. Nun geht das Gesetz zurück an den Bundestag, es wird dort aber wahrscheinlich nicht mehr wesentlich geändert. Schwere Zeiten für CCS-Freunde.

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