Rundbrief vom 02. März 2011

1. Weitere CO2-Endlager in Brandenburg geplant
2. Flammender Protestmarsch und kein Kabinettsbeschluß zu CCS
3. Braunkohlenutzung rechtzeitig beenden - Onlinespenden jetzt möglich
4. Schwedische Abgeordnete besuchten Beeskow und die von Umsiedlung bedrohten Dörfer
5. Thematisierung von CCS auf linkem Landesparteitag noch offen
6. Am Rande: Geschützte Fledermäuse wurden Deutschlands erste CCS-Opfer
7. Presseartikel

  • Lauchhammer wird zur Gefahrenzone – Lausitzer Rundschau, 26.02.2011

Hier der neue Rundbrief zur Lausitzer Braunkohle:

1. Weitere CO2-Endlager in Brandenburg geplant

Trotz Verschleierungsversuchen durch Wirtschaftsminister Ralf Christoffers sind in Brandenburg weitere CO2-Endlager geplant. Das machte ein Vertreter des Umweltverbandes GRÜNE LIGA am 1. März auf einer Tagung der TU Berlin deutlich.

“Die Landesregierung treibt das Braunkohlenplanverfahren Jänschwalde-Nord voran, wodurch CO2-Endlager weit über Beeskow und Neutrebbin hinaus notwendig würden", sagt René Schuster, der den Umweltverband im Braunkohlenausschuss des Landes vertritt. "Dabei wird die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die von der Verpressung des CO2 betroffenen Regionen sind weder bekannt, noch werden sie an der Diskussion um das Projekt beteiligt. Das verletzt Mindeststandarts an Transparenz und Ehrlichkeit."

In der vergangenen Woche hatte der Wirtschaftsminister in einer Presseerklärung betont, es gäbe "keinerlei Anlass darüber zu spekulieren, ob CO2 in Regionen wie dem Havelland, dem Barnim oder in der Ostprignitz unterirdisch gespeichert werden könnte”. Der Konzern Vattenfall hatte allerdings bereits vor Monaten öffentlich eingeräumt, dass die Endlager in Beeskow oder Neutrebbin maximal für das Demonstationskraftwerk geeignet seien. Für das kommerzielle CCS-Kraftwerk, das der Tagebau Jänschwalde-Nord mit Kohle versorgen soll, seien "weitaus größere Speicherkapazitäten in Brandenburg, in anderen Bundesländern, auch auf See oder unterhalb des Meeresbodens" nötig, sagte ein Vattenfall-Vertreter vor dem Braunkohlenausschuss des Landes.

Um den Tagebau Jänschwalde-Nord aufzuschließen, plant Vattenfall, die Orte Grabko, Kerkwitz und Atterwasch mit etwa 900 Einwohnern umzusiedeln. Am 25. Mai 2011 soll als nächster Schritt des Braunkohlenplanverfahrens der sogenannte Scoping-Termin durchgeführt werden. Das Verfahren soll bis 2015 abgeschlossen sein. Unbekannt ist bisher, ob die Landesplanungsbehörde den Verbleib des Kohlendioxids dabei überhaupt thematisieren will. Quellenangaben zu den verwendeten Zitaten finden Sie im Anhang zu diesem Rundbrief.

2. Flammender Protestmarsch und kein Kabinettsbeschluß zu CCS

Am Abend des 27. Februar demonstrierten Presseberichten zufolge etwa 2500 Menschen in Beeskow gegen CO2-Endlagerpläne. Vier Fackelzüge trafen sich auf dem Marktplatz der Stadt zu einer Kundgebung. An den Protesten waren auch zahlreiche Bewohner des Lausitzer Kohlereviers beteiligt. Zu diesem Zeitpunkt ging man noch davon aus, der jüngst verkündete "Kompromiß" zum CCS-Gesetz könnte in dieser Woche das Bundeskabinett passieren. Montag nachmittag sickerte dann "aus Parlamentskreisen" durch, dass daraus mal wieder nichts geworden ist. Ländern wie Schleswig-Holstein und Niedersachsen ist eine "halbe" Länderklausel offenbar nicht genug - sie wollen CO2-Endlager auf ihrem Gebiet sicher und verbindlich ausschließen können. Brandenburgs Regierung will wie gewohnt das Gegenteil: für Vattenfalls CO2 soll mehr als nur ein Bundesland zur Verfügung stehen. Das Tauziehen geht also weiter.

3. Schwedische Abgeordnete besuchten Beeskow und die von Umsiedlung bedrohten Dörfer

Auf Einladung der Europaabgeordneten Elisabeth Schrödter (B90/ Die Grünen) informierten sich am 22.Februar mehrere schwedische Parlamentarier über die Auswirkung der Kohlepolitik Vattenfalls. Nach einem Gespräch mit Vattenfall in Spremberg besichtigten sie am Nachmittag die vom Tagebau bedrohte Gemeinde Schenkendöbern. Am Abend führten sie in Beeskow Gespräche mit Bürgermeister Frank Steffen (SPD) und dem Vorsitzende der Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen“ Udo Schulze. Unter den Gästen war mit Lisa Nordin die energiepolitische und mit Amsa Rodin die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Schwedischen Reichstag, dort die größte Oppositionsfraktion. Die Lausitzer Rundschau zitierte Lisa Nordin nach der Besichtigung des Tagebau-Aussichtspunktes mit den Worten "Ich bin schockiert, es ist schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe."

4. Braunkohlenutzung rechtzeitig beenden - Onlinespenden jetzt möglich

Seit dieser Woche können Sie für unsere Arbeit gegen neue Braunkohlentagebaue auch unkompliziert online spenden. Wir nutzen dazu Spendenportal.de, welches nun von unserer homepage aus verlinkt ist.

Unter dem unter folgendem Link gelangen Sie direkt zur Eingabemaske für Spenden:

https://www.spendenportal.de/formulare/spendenformular.php?projekt_id=12330

5. Thematisierung von CCS auf linkem Landesparteitag noch offen

Am 5. und 6. März tritt DIE LINKE Brandenburg in Potsdam zu ihrem Landesparteitag zusammen. Die aktuelle Debatte um CCS und Braunkohle wird dabei möglicherweise in einem Antrag thematisiert, dessen Wortlaut aber noch nicht bekannt ist. Während die anderen landespolitischen Anträge bereits auf der Internetseite der Partei einsehbar sind, ist eine den Delegierten als Antrag A 10 angekündigte Positionierung zu CCS bisher nicht verfügbar.

6. Am Rande: Geschützte Fledermäuse wurden Deutschlands erste CCS-Opfer

Cottbus, 28.02.2011. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat Vattenfall am 10. Januar bei der Freimachung des Baufeldes für die geplante CCS-Demonstrationsanlage am Kraftwerk Jänschwalde ein Winterquartier von 134 geschützten Fledermäusen zerstört. Der Umweltverband GRÜNE LIGA kritisiert die Baumaßnahme.

"Es liegt weder ein Gesetz für die CO2-Verpressung noch ein Bauantrag für das Kraftwerk vor – die Gefährdung der Tiere könnte nicht unnötiger sein. Die Naturschutzbehörde sollte genau prüfen, ob Vattenfall sich richtig verhalten hat." sagt René Schuster vom Umweltverband GRÜNE LIGA.

Um Platz für die CCS-Demoanlage zu schaffen, werden mehrere Mehrzweckgebäude auf dem Kraftwerksgelände abgerissen. Noch im Oktober 2010 hatten die Naturschutzverbände Vattenfall ausdrücklich auf die Notwendigkeit hingewiesen, eventuell abzureißende Gebäude auf Fledermäuse zu untersuchen. Ob dies tatsächlich geschehen ist, steht derzeit in Zweifel. Die in ihrer Winterruhe gestörten Tiere wurden umgesetzt.

'Vattenfall will die Abscheidung von CO2 durch eine Demonstrationsanlage auf dem Gelände des Kraftwerkes Jänschwalde erproben und das Gas bei Beeskow oder Neutrebbin in den Untergrund verpressen. Der Bau der CCS-Kraftwerksanlage soll nicht vor Herbst beim Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz beantragt werden. Für Transport und Verpressung des Gases wäre dagegen ein Verfahren nach dem noch nicht bestehenden "Kohlendioxid-Speichergesetz" erforderlich. Ihre Kritik am Konzept der Demonstrationsanlage faßte die GRÜNE LIGA im Oktober 2010 in einem Hintergrundpapier zusammen, dass im Internet auf www.lausitzer-braunkohle.de veröffentlicht ist.

7. Presseartikel

http://www.lr-online.de/politik/Tagesthemen-Lauchhammer-wird-zur-Gefahrenzone;art1065,3237307

Lauchhammer wird zur Gefahrenzone – Lausitzer Rundschau, 26.02.2011

Lauchhammer. Rutschungssachverständige schlagen Alarm. Im Lausitzer Altbergbaugebiet in Lauchhammer (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) droht das Erdreich nachzugeben. Die Ortrander Straße, die wichtigste der Hauptverkehrsadern ins Stadtzentrum, ist jetzt für schwere Fahrzeuge gesperrt worden. Doch Brummi-Fahrer ignorieren dies und bringen sich und andere damit in Lebensgefahr.

Die Straße liegt auf geschüttetem Boden des Tagebaus Emanuel (1910 bis 1925) zwischen dem Wehlenteich und dem Kuthteich, die aus einem Kohle-Restloch entstanden sind. Auf dem riesigen Kippen-Areal steht auch eine neue Sporthalle. 20 Meter tief musste der Baugrund für das Gebäude verdichtet werden. In die Problemzone war zur mehr als 100 Jahre andauernden bergbaulichen Trockenzeit auch das Betriebsgelände des Südbrandenburger Nahverkehrs gestellt worden. Ein Wohnhaus an der Ortrander Straße wurde genau auf der Grenze vom gekippten zum gewachsenen Boden errichtet und weist schon zahlreiche Risse auf. Dass gehandelt werden muss, ist seit Anfang der 90er-Jahre bekannt. Da die beiden Teiche zu DDR-Zeiten als Absetzbecken des Bergbaus weiter genutzt wurden, steht trotz des Alttagebaus auch zweifelsfrei fest: Die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) ist für das Areal zuständig. Doch die Sanierungspläne sind bis heute nicht abschließend umgesetzt.

Umweltaltlasten wie Eisenhydroxidschlämme, hohe Naturschutzauflagen für Amphibien am Kuthteich und der begrenzte Finanzrahmen haben die Arbeiten immer wieder hinausgezögert. Auch der verzweifelte Versuch der Stadt Lauchhammer, das Gebiet für eine Landesgartenschau zu erschließen und die Sanierung damit schneller voranzutreiben, war gescheitert.

Die neue Rutschungsgefahr erzeugt nunmehr wieder Druck. Denn das gestiegene Grundwasser und reichliche Niederschläge haben vor allem den Wehlenteich, der wie eine abflusslose Badewanne in der Landschaft liegt, volllaufen lassen wie nie zuvor. Das locker gelagerte Erdreich ist damit auch im Umfeld so mit Wasser gesättigt, dass das brandenburgische Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) in Cottbus die Ortrander Straße für schwere Fahrzeuge zur absoluten Sperrzone erklärt hat. »Auslöser für eine Rutschung ist meist eine große Last«, erläutert Joachim Müller, der Leiter des Arbeitskreises Lauchhammer/Tröbitz-Domsdorf des Braunkohleausschusses Brandenburg. Je höher die Tonnage ist, umso stärker wirken Schwingungen ins Erdreich. Diese können das gefürchtete Verflüssigen der lose gelagerten Sande im Untergrund auslösen. In Lauchhammer werden den neuesten hydrologischen Berechnungen zufolge stellenweise zwischen einem halben und einem Meter höhere Grundwasserstände eintreten als bislang vorhergesagt. Für das Emanuel-Gelände trifft dies zwar nicht zu. Doch mit dem großflächigen Wiederanstieg des Grundwassers bricht in der Lausitz immer wieder der Boden sogar hinter bereits verdichteten unterirdischen Dämmen zusammen, obwohl alle Experten bislang felsenfest davon überzeugt waren, dass die Areale sicher sein müssten. Die dicken Abdeckungen mit trockenem Erdreich galten aus ausreichend - bis im Alttagebau Spreetal (Landkreis Bautzen) im vergangenen Herbst mehrere Hektar saniertes Land völlig überraschend in die Tiefe stürzten.

In Lauchhammer herrschen fast gleich gelagerte geologische Bedingungen wie in den Altbergbaugebieten Knappenrode und Lohsa (Landkreis Bautzen), in denen bereits große Rutschungen zu verzeichnen waren. Die Warnung der Sachverständigen ist daher sehr ernst zu nehmen. »Die Lastkraftwagen- und Busfahrer sind nicht nur verpflichtet, sondern auch gut beraten, das angeordnete Durchfahrtsverbot zu beachten«, betont Ulrich Obst vom Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe. Der Wehlenteich soll kurzfristig eine Ableitung in den Hammergraben erhalten, damit der für das Umfeld bedrohliche Wasserstand gesenkt werden kann. Dann sei auch die Straße wieder so sicher, dass sie voll befahrbar sei. Ein Zeitfenster für die grundhafte Sanierung des Kippen-Areals zwischen den beiden Teichen steht derzeit noch nicht fest, erklärt der zuständige Abteilungsleiter des Landesamtes.

Bei allem Verständnis für die Bergbausanierer, die nach den Grundbrüchen lausitzweit gewaltige Kippenflächen erneut auf die Standsicherheit untersuchen müssen, drängt Lauchhammers Bürgermeister Roland Pohlenz (parteilos) jetzt auf eine »dauerhafte Lösung« für das innerstädtische Kippen-Areal. »Diese Straße ist für die Stadt immens wichtig. Mit der Sanierung muss zügig begonnen werden«, fordert er. Es sei richtig und wichtig, zuerst den Pegel des Wehlenteiches abzusenken. Bei diesem Provisorium dürfe jedoch nicht wieder Schluss sein. Das gefährliche Erbe des Emanuel-Tagebaus muss endlich abschließend gesichert werden.

Von Kathleen Weser

 

Drei Zitate zu CCS in Brandenburg

„Mit einem Kohlevorrat von rd. 250 Mio. t * (...) sichert der geplante Tagebau Jänschwalde-Nord
die langfristige Versorgung des Kraftwerkes Jänschwalde. (...) In Vorlauf zur Errichtung von
zwei kommerziellen 1.000 MW-Kraftwerksblöcken mit CCS-Technologie, die nach 2020 in
Betrieb genommen und die bestehenden 500 MW-Blöcke ablösen sollen, wird 2015 eine
Demonstrationsanlage den Betrieb aufnehmen. (...) Der Betrieb der Demonstrationsanlage ist
etwa bis Ende der 2030er Jahre vorgesehen. Die nach 2020 den Betrieb aufnehmenden 1.000
MW-Blöcke werden bis weit nach 2050 weitgehend klimaneutralen Braunkohlenstrom
erzeugen.“

(„Verfahrensführende Unterlagen zum Braunkohlenplan Jänschwalde-Nord“, Vattenfall Dez.
2008, S. 6 und 9 f.)

„Beeskow ist maximal dafür geeignet, um das Volumen vom Demokraftwerk aufzunehmen.
Nach den derzeitigen Vorerkundungsergebnissen (...) brauchen wir für den neuen
Kraftwerkspark in Jänschwalde weitaus größere Speicherkapazitäten in Brandenburg, in
anderen Bundesländern, auch auf See oder unterhalb des Meeresbodens.“

(Detlef Dähnert, Vattenfall, vor dem Braunkohlenausschuß des Landes, Protokoll der Sitzung
vom 18.11.2010. S.18)

„In diesem Zusammenhang machte Minister Christoffers noch einmal deutlich, dass es keinerlei
Anlass gibt darüber zu spekulieren, ob CO2 in Regionen wie dem Havelland, dem Barnim oder
in der Ostprignitz unterirdisch gespeichert werden könnte. „Entsprechende Pläne kenne ich
nicht“, sagte der Minister.

(Pressemitteilung „Landesregierung bekräftigt Position zu CCS-Technologien - Priorität hat
Sicherheit der Bevölkerung“ vom 22.02.2011)

Fazit:
Beim „CCS-Tagebau” Jänschwalde-Nord wird die Rechnung bis heute ohne den Wirt
gemacht. Die von der Verpressung betroffenen Regionen sind weder bekannt, noch werden sie
an der Diskussion um das Projekt beteiligt.

* 1 Tonne Lausitzer Rohbraunkohle entspricht 1 Tonne bei der Verbrennung freigesetztes CO2

Termine

Buchvorstellung: "Angels over Lusatia"
17 April 2024
19:00 - 21:00
Helle Panke e.V., Kopenhagener Str. 9, 10437 Berlin
Ausstellung "Unverkäuflich"
26 April 2024
10:00 - 20:00
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Wir beim Umweltfestival in Berlin
28 April 2024
Berlin, Straße des 17. Juni
Filmabend "Es kommt darauf an das Hoffen zu lernen"
21 Mai 2024
19:00 -
Salon des Franz-Mehring-Platzes 1, 10243 Berlin

Dieser Wald ist der Kohlegrube im Weg

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Lausitzer Menschen für einen früheren Kohleausstieg

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