Sonderfeld Mühlrose: Wer entscheidet wann?

lageskizze muehlrose

Notwendige Klarstellungen zur angeblich beschlossenen Umsiedlung des Ortes

Braunkohlenplan: Alles wieder auf Anfang

In einem Braunkohlenplan wird ein Gebiet festgelegt, in dem der Kohleabbau Vorrang vor anderen Nutzungen haben soll. Der Plan richtet sich an Behörden und Gemeinden, der Tagebaubetreiber hat damit noch keine Genehmigung in der Tasche.

2014 genehmigte das Staatsministerium des Innern den vom Regionalen Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien aufgestellten Braunkohlenplan, in dem die Abbaggerung des Abbaugebietes „Nochten 2“ geregelt war. Nachdem 2016 der Vattenfall-Konzern die Lausitzer Tagebaue und Kraftwerke verkaufte, verzichtete der neue Eigentümer LEAG in seinem Revierkonzept vom März 2017 auf den größten Teil des Abbaugebietes 2. Damit ist die Umsiedlung von Mulkwitz und Rohne vom Tisch, während das Unternehmen am Abbau des Sonderfeldes Mühlrose festhält.

Das Revierkonzept stellt aber nur die Wünsche des Unternehmens dar, der Braunkohlenplan muss dagegen abwägen, was davon auch dem Wohl der Allgemeinheit dient. Am 22. Juni 2017 beschloss der Planungsverband den Braunkohlenplan erneut fortzuschreiben - auf Grund der „deutlich geänderten energiepolitischen Rahmenbedingungen“. Hier soll nun die Inanspruchnahme des Sonderfeldes Mühlrose geregelt werden. Das ist keine reine Formsache, so muss zum Beispiel die Bergbaufolgelandschaft völlig umgeplant werden, etwa die Lage und Größe des Restsees.

Planentwurf und Umweltprüfung werden erst noch erstellt. Danach können Öffentlichkeit und betroffene Bürgerinnen und Bürger Stellungnahmen abgeben. Um die Umsiedlung eines Dorfes im Braunkohlenplan festzulegen, muss zwingend die energiepolitische Notwendigkeit nachgewiesen werden. Der Planungsverband wird vermutlich die Verabschiedung des geplanten Kohleausstiegsgesetzes im Bundestag abwarten müssen, um zu klären, ob er den Plan überhaupt noch begründen kann.

Sonderfeld Mühlrose bergrechtlich noch gar nicht beantragt

Betriebspläne nach dem Bundesberggesetz müssen vom Tagebaubetreiber beantragt und vom Bergamt genehmigt werden, bevor gebaggert werden darf. Der Rahmenbetriebsplan beschreibt das Gesamtvorhaben, zu dessen Umsetzung alle 2 Jahre Hauptbetriebspläne aufgestellt und zugelassen werden müssen. Bisher existiert eine Zulassung nur für Nochten 1. Für das Abbaugebiet „Nochten 2“ hatte Vattenfall im Oktober 2014 einen Rahmenbetriebsplan-Zulassungsantrag eingereicht, es kam jedoch nicht mehr zu einer Genehmigung. Am 11. Dezember 2017 nahm die LEAG den Antrag formell zurück, da sie inzwischen auf den Großteil des Abbaugebietes verzichtet hatte. Das Verfahren ist damit beendet.

Zur Abbaggerung des Sonderfeldes Mühlrose ist daher ein neuer Antrag der LEAG notwendig, der bis heute (Stand Mitte 2019) nicht vorliegt. Die Zulassung eines Rahmenbetriebsplanes bedeutet ein aufwendiges Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung, Beteiligung der Öffentlichkeit und Erörterungstermin. Sollte der Antrag jemals gestellt werden, dauert es mindestens zwei Jahre bis zu einer Genehmigung, oft dauern solche Verfahren aber deutlich länger

Ohne Genehmigung kein Druckmittel

Das wichtigste Druckmittel eines Kohlekonzerns zur Durchsetzung eines Tagebaues ist die im Bundesberggesetz geregelte „Grundabtretung“. Nur mit diesem Verfahren könnte die Bergbehörde auf Antrag der LEAG Grundstücke für die Durchführung eines Bergbauvorhabens enteignen. Ohne einen planfestgestellten Rahmenbetriebsplan ist ein Grundabtretungsantrag aber völlig aussichtslos und würde von der LEAG gar nicht erst gestellt werden. Inzwischen zweifeln Juristen auch bei genehmigten Tagebauen an, ob sich Grundabtretungen noch durchsetzen lassen. (1)

Wer ein Grundstück im Sonderfeld Mühlrose besitzt, kann sich also frei entscheiden, ob er es an die LEAG verkaufen oder behalten möchte. Er kann die Entscheidung über den noch gar nicht beantragten Rahmenbetriebsplan abwarten und sie durch Abgabe von Stellungnahmen im Plan- und Genehmigungsverfahren selbst beeinflussen.

Was der Umsiedlungsvertrag nicht ist

Am 28. März 2019 wurde ein Umsiedlungsvertrag zwischen LEAG und Gemeinde Trebendorf unterzeichnet. Denen, die aus persönlichen Gründen Mühlrose verlassen möchten, weil sie beispielsweise den Ort aufgrund des laufenden Tagebaubetriebes im Abbaugebiet „Nochten 1“ nicht mehr als lebenswert empfinden, ermöglicht er eine Umsiedlung auf Kosten des Bergbautreibenden. Das ist allerdings auch das Einzige, was mit diesem Vertrag entschieden ist. Der Vertrag verpflichtet niemanden, an der angebotenen Umsiedlung teilzunehmen. Als privatrechtlicher Vertrag kann er weder eine Entscheidung im Braunkohlenplanverfahren ersetzen, noch die fehlende Zulassung des Tagebaues im Sonderfeld Mühlrose. Jeder Grundbesitzer kann und muss selbst entscheiden, ob er ebenfalls einen Vertrag mit der LEAG schließen möchte. Weder LEAG noch Gemeinde dürfen Menschen unter Druck setzen, einen solchen privaten Umsiedlungsvertrag zu unterzeichnen. Wer das Ergebnis der rechtsstaatlichen Verfahren zu Braunkohlenplan und Rahmenbetriebsplan abwarten möchte, darf dafür nicht schlechter gestellt werden.

Bestandsaufnahmen – kein Grund zur Eile

Eine Bestandsaufnahme des Grundstückes dient der Vorbereitung der Umsiedlungsverhandlungen. Wer nicht zeitnah in konkrete Verhandlungen treten möchte, muss sie nicht gestatten. Es dürfen ihm dadurch auch keine Nachteile entstehen, falls er sich später noch für eine Umsiedlung entscheidet. Aber auch wer die Bestandsaufnahme bereits durchführen ließ, kann alle weiteren Verhandlungsschritte aussetzen und abwarten ob der Tagebau im Sonderfeld genehmigt wird.

Fazit:

Von den nötigen rechtlichen Grundlagen für das Sonderfeld Mühlrose liegt bisher keine einzige vor. Wer bleiben will, sollte sich im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zu Braunkohlenplan und Rahmenbetriebsplan mit Einwendungen für die Erhaltung seines Ortes aussprechen. Nur falls ein Rahmenbetriebsplan für das Sonderfeld Mühlrose in einigen Jahren tatsächlich genehmigt werden sollte, stehen Bleibewillige vor der Entscheidung, sich entweder vor Gericht zu wehren oder das Ergebnis des Verfahrens zu akzeptieren und umzusiedeln. Dass diese Situation eintritt, ist mit dem Ergebnis der Kohlekommission sehr viel unwahrscheinlicher geworden.

 

(1) Rechtsanwalt Dirk Teßmer schreibt dazu in einem Gutachten: „Selbst bei Vorliegen eines Rahmenbetriebsplanes muss im Einzelfall entschieden werden, ob das Allgemeinwohl die Grundabtretung erfordert. Eine Kohleförderung, die nicht mit völkerrechtlich verbindlichen Klimaschutzzielen vereinbar ist, wird dies nicht nachweisen können.“ (Rechtsgutachten „Beschränkung von Enteignungsmöglichkeiten für Braunkohlentagebaue durch Klimaschutzvorgaben“, Rechtsanwalt Dirk Teßmer, 03.06.2019)

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